BUNDESTRAINER-ZUKUNFT
Klinsmann schmeißt hin
Jürgen Klinsmann wird seinen Vertrag als Bundestrainer mit dem DFB nicht verlängern. Das berichten die "Bild"-Zeitung und die "Süddeutsche Zeitung" übereinstimmend. Als neuer Trainer sei Joachim Löw im Gespräch.
Hamburg - Um 22.54 Uhr kam die erste Eilmeldung über den Ticker: "Klinsmann tritt als Bundestrainer zurück", so meldete der Sportinformationsdienst sid unter Berufung auf die "Bild"-Zeitung. Klinsmann habe heute DFB-Präsident Theo Zwanziger in einem persönlichen Gespräch eine Absage erteilt, kabelten wenig später auch die anderen Nachrichtenagenturen. Auch Nationalmannschaftskapitän Michael Ballack hat nach dpa-Informationen von Klinsmanns ein Signal bekommen. Die Nationalmannschaft hatte sich nach dem grandiosen WM-Abschneiden dafür ausgesprochen, dass Klinsmann weiterhin ihr Bundestrainer sein solle. Auch Millionen Fußballfans in der Republik hatten den Schwaben und Wahlkalifornier gebeten, die Mannschaft weiter zu führen.
Am frühen Abend hatte schon die "Financial Times Deutschland" über das Telefonat zwischen Zwanziger und Klinsmann berichtet. Klinsmann habe auch beim Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff angerufen, um über seine persönliche Zukunft zu sprechen. DFB-Pressechef Harald Stenger hatte dem Blatt die Telefonate bestätigt - über den Inhalt zunächst aber nur so viel gesagt: "Klinsmann sieht da offensichtlich noch Gesprächsbedarf." Klinsmann habe sich noch nicht entschieden.
Klinsmann hatte zuletzt beteuert, "zwischen Herz und Verstand" entscheiden zu müssen. "Beides muss im Einklang stehen", sagte er. "Ich will mich erst einmal zurückziehen. Mehr möchte ich im Moment nicht sagen", erklärte er in einem Bild-Interview, das am heutigen Dienstag veröffentlicht worden war.
Klinsmanns persönlicher Berater Roland Eitel hatte zuvor den "Ruhr Nachrichten" die Lage erläutert: Die Fragen, die Klinsmann sich stellen müsse, seien klar: "Wie groß ist der Aufwand ohne Confed-Cup, Workshop und die ganzen Geschichten im Vorfeld der WM? Wie haben seine Kinder das alles verkraftet? Können wir das Projekt weiter forcieren, kann es ausstrahlen auf den gesamten Verband?", sagte Eitel.
Vor allem mit Verantwortlichen des DFB gab es immer wieder Unstimmigkeiten. Im Februar dieses Jahres lehnte das DFB-Präsidium den von Klinsmann als Sportdirektor favorisierten Bernhard Peters ab. Stattdessen holte der Verband Matthias Sammer.
Mutmaßungen, Klinsmann lege sein Traineramt nieder, hatte sich auch der frühere Bundestrainer Berti Vogts angeschlossen. "Nach dieser WM ist zwar alles wunderbar. Aber ich weiß, dass Jürgen Klinsmann nicht vergessen hat, was in den vergangenen zwei Jahren um ihn herum alles passiert ist", sagte Vogts, der maßgeblich an Klinsmanns Verpflichtung nach der EM 2004 beteiligt war, der "Stuttgarter Zeitung". Klinsmann habe noch im Kopf, "dass nach der 1:4-Niederlage Anfang März in Italien 60 Prozent aller Deutschen einen neuen Bundestrainer wollten".
Auch dass Klinsmann nach dem Fehlen beim Trainersymposium in Düsseldorf vorgeworfen worden sei, er habe keine Kinderstube, "hat ihm richtig weh getan". Klinsmann denke nicht nur an morgen, sondern auch an übermorgen: "Deshalb ist ihm auch klar: Wenn er bei der Europameisterschaft in zwei Jahren nur Dritter wird, ist das ein Debakel." Klinsmann suche jetzt eine sportliche Herausforderung. "Ich hoffe, dass für ihn da die Aufgabe bei der Nationalmannschaft reizvoll genug ist", so Vogts.
pav/sid/dpa/AP