SSV Reutlingen - Noch fehlt den Nullfünfern eine sechsstellige Summe, um die Lizenzierungs-Auflagen zu erfüllen
SSV Reutlingen: Zittern bis zur letzten Minute
VON FRANK PLEYER
REUTLINGEN. Fußball-Regionalligist SSV Reutlingen stand wirtschaftlich schon oft mit dem Rücken zur Wand, aber so dramatisch war die Lage seit Jahren nicht mehr. Die Erfüllung der Auflagen im Rahmen des Lizenzierungs-Verfahrens wird zum Zitterspiel: Einen Tag vor dem Ende der Frist hatten die Nullfünfer noch eine sechsstellige Summe offen. »Es ist ein ungeheurer Kraftakt«, beschreibt Geschäftsführer Klaus Weiss den Existenzkampf des Klubs.
Falls der Verein die Lizenz nicht erhält, muss mit der Insolvenz gerechnet werden. Wie ernst die Situation ist, lässt sich daraus ersehen, dass der Klub vor wenigen Wochen drei Bürgschaften gezogen hat. Weiss hatte unter allen Umständen vermeiden wollen, erst an diesem Freitag und damit dem letztmöglichen Termin beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) die Belege und Sicherheiten vorzulegen.
Drähte nach Frankfurt glühen
Doch weil noch Zusagen von Geldgebern und Vergleiche mit Gläubigern ausstanden oder noch nicht schriftlich fixiert waren, konnte der ehemalige SSV-Spieler auch am Donnerstag noch nicht die Fahrt in die DFB-Zentrale an der Otto-Fleck-Schneise antreten. »Das Risiko ist aber auch so nicht größer, denn man kann vorher klären, wo's noch fehlt«, beschwichtigte Weiss gestern.
So wurden am Donnerstag Tilgungs-Aussetzungen und Stundungs-Anträge per Fax oder E-Mail von Reutlingen nach Frankfurt geschickt, um die Sicherheit zu haben, dass sie von den Finanz-Experten des Verbandes akzeptiert werden. Daneben sind Bürgschaften ein wesentlicher Teil, um die Anforderungen zu erfüllen. Im Vorjahr hatten die Gesamt-Auflagen des Klubs 2,2 Millionen Euro betragen. Nach GEA-Informationen dürften sie jetzt noch etwas höher liegen.
Die letzten Stunden werden damit wieder einmal zum Wettlauf mit der Zeit. Die Situation erinnert an das Jahr 2003, als die SSV-Verantwortlichen ebenfalls auf den letzten Drücker nach Frankfurt fuhren. Damals ging 30 Minuten zu spät eine Überweisung beim DFB ein, sodass die Nullfünfer nach dem Zweitliga-Abstieg nicht in der Regionalliga, sondern in der Oberliga landeten.
Daran will im Reutlinger Lager keiner denken. Auch Weiss nicht, der schon manches nervenaufreibende Lizenzierungs-Verfahren mit dem Sport- und Schwimm-Verein durchgefochten hat. »Der Verein hat es immer wieder geschafft. Diese Hoffnung habe ich auch jetzt«, sagt der Geschäftsführer.
Der Existenzkampf des Klubs hat zudem die Personal-Planungen für die neue Saison kurzfristig ins Stocken gebracht. Die sportliche Leitung wird von den wirtschaftlichen Anforderungen in Beschlag genommen, die Spieler warten ab, wie es an der Kreuzeiche weitergeht, bevor sie ihren Vertrag verlängern. Daneben versuchen sich vereinslose Akteure ins Gespräch zu bringen. Weiss: »Die Anfragen der Spieler-Berater stapeln sich, aber die Lizenzierung geht vor.«
Waldhof und »Lilien« kämpfen
Der SSV Reutlingen ist nicht der einzige Regionalliga-Verein, der am Abgrund steht. So fehlen dem SV Waldhof Mannheim angeblich noch 250 000 Euro, um das rettende Ufer zu erreichen. Und der SV Darmstadt 98 hat es erst vor zwei Tagen geschafft, dass das vorläufige Insolvenzverfahren vom Amtsgericht aufgehoben wurde. Damit sind die »Lilien« ihrer Lizenz einen großen Schritt näher gekommen. (GEA)
Quelle:
http://www.gea.de/detail/1280200