von Zertifikat » 31.10.2011, 15:18
Justiz: Freispruch im Prozess um die tödliche Messerattacke auf der Schönau / Unmut im Saal
Schwurgericht geht von Notwehr aus
"Wegen ihm ist mein Neffe tot!", schreit eine Frau und zeigt auf den Angeklagten. Ihre Stimme überschlägt sich. Dann wird sie von Polizisten aus dem Saal des Mannheimer Landgerichts geführt. Überall in Saal 1 stehen Beamte und beobachten die Situation genau, während das Gericht sein Urteil fällt - über den Mann, der in der Nacht auf den 19. Februar diesen Jahres einen 23-Jährigen auf der Schönau erstochen hat. Die Schwurgerichtskammer spricht Ali K., 48 Jahre, vom Vorwurf des Totschlags frei.
Nach Ansicht der Richter hat Ali K. in Notwehr gehandelt. Wild rufen die etwa 40 Verwandten, Freunde und Nachbarn des Opfers durcheinander, manche schluchzen, andere stürmen hinaus.
Ohne erkennbaren Grund, so sehen es die Richter, habe das 23-jährige spätere Opfer Ali K., den er wohl nicht kannte, in jener Nacht auf der Straße angegriffen und in den Schwitzkasten genommen. Die Situation sei höchst bedrohlich für den Angeklagten gewesen, meint der Vorsitzende Richter Ulrich Meinerzhagen. Ali K., wesentlich kleiner als der fast zwei Meter große und 110 Kilogramm schwere Mann, sei hoffnungslos unterlegen gewesen. Mit einem kleinen Taschenmesser, das er in einer Tasche gehabt habe, schnitt er dem 23-Jährigen zweimal ins Bein. Als dieser seinen Griff lockerte, richtete Ali K. sich wohl auf.
Die Kammer geht davon aus, dass die beiden Männer sich kurz gegenüberstanden. Der Angeklagte habe nicht gewusst, was weiter passieren würde, so der Vorsitzende. Da habe er zugestochen - drei bis vier schnelle Stiche in die Brust. Zwei davon gingen direkt ins Herz. "Er hat das als letztes Mittel gesehen, den Angriff zu beenden."
Warum der 23-Jährige in jener Nacht Ali K. angriff, ist für die Kammer nicht ersichtlich. 3,5 Promille Alkohol hatte der junge Mann bei seinem Tod im Blut, außerdem erhebliche Mengen Rauschgift. "Möglicherweise war er nicht mehr in der Lage zu erfassen, was er tat."
Staatsanwaltschaft und die Vertreter der Eltern, die als Nebenkläger auftreten, glauben nicht an Notwehr. Ihren Anträgen zufolge hätte Ali K. wegen Totschlags zu zwölf Jahren Haft verurteilt werden müssen. Noch am selben Tag kündigt die Nebenklage das Einlegen von Revision an.
Ali K. sitzt während der Urteilsverkündung regungslos da, die Arme hängen an ihm herab. In seinem Gesicht ist keine Erleichterung zu erkennen. Als die Verhandlung geschlossen wird, schirmen Polizisten ihn vom Zuschauerraum ab.
"Es wird den Angehörigen sicherlich sehr schwer fallen, das Urteil zu akzeptieren", meint der Vorsitzende Richter am Ende seiner Urteilsbegründung und mahnt Verwandte des getöteten jungen Mannes: "Doch lassen Sie sich nicht hinreißen, sich gegen den Angeklagten zu wenden. Das würde Sie nur selbst unglücklich machen." Ein letztes Mal geht ein Raunen durch den Gerichtssaal. kla
Mannheimer Morgen
29. Oktober 2011
Lügenpresse :-)
https://www.youtube.com/watch?v=0-n-balEEDA