von Lokalpatriot » 21.08.2010, 05:03
Polizei: Teleskop-Schlagstock an Einsatzkräfte ausgeliefert / Beamte überwiegend zufrieden
Neue Waffe hält Angreifer auf Abstand
Von unserem Redaktionsmitglied Peter W. Ragge
"Sehr gut, sehr praktisch, sehr wirkungsvoll": So lobt Thomas Mohr, Kreisvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), eine neue Waffe, mit der jetzt nach und nach immer mehr Mannheimer Beamte ausgestattet werden. Sie ist klein, hängt am Gürtel, kann aber schnell größer und dann sehr gefährlich werden - ein Teleskop-Einsatzstock.
"Weitgehend durch" ist inzwischen die Verteilung von 504 Exemplaren der neuen Hiebwaffen an den Streifendienst, sagt Polizeihauptkommissar Martin Schembera, Chef des Waffenwesens und der Einsatztrainer im Präsidium. Weitere 370 Stück werden nun an Ermittlungsbeamte und Kriminalpolizei ausgegeben. "Die Kollegen, die mit dem meisten Konfliktpotenzial auf der Straße konfrontiert sind, haben ihn inzwischen", so Schembera.
"Zunehmende Aggressivität" ist nämlich der Grund für die Einführung des neuen, ausfahrbaren Schlagstocks, der Angreifer besser auf Distanz halten soll: "Die Widerstandshandlungen haben einfach zugenommen". "Zunehmende Gewalt und der nachlassende Respekt gegenüber Polizeibeamten sind besorgniserregend", begründete 2009 Innenminister Heribert Rech die Anschaffung der neuen Ausstattung zum Schutz der Beamten.
Gummiknüppel "eher lächerlich"
Die bisherige "Hiebwaffe", wie es offiziell heißt, sei "eher lächerlich" gewesen, räumt Schembera ein. Es handelte sich um einen 30 Zentimeter langen Gummiknüppel, teilweise gab es auch hölzerne Schlagstöcke. Als solch ein Stock 2005 bei einer Schlägerei am Rande des Ladenburger Altstadtfests abbrach, entstand gar "eine sehr gefährliche Situation", erinnert sich Thomas Mohr. Er gehört zum Mannheimer Einsatzzug, der damals in Ladenburg Dienst machte - und hat es erlebt: "Das spitze abgebrochene Teil in den Händen eines randalierenden Störers entpuppte sich schnell als gefährliche und lebensbedrohliche Stichwaffe", so Mohr. "Wir brauchen daher eine bessere Ausrüstung", habe seine Gewerkschaft seit diesem Vorfall daher das Ministerium gedrängt.
Mohr ist jetzt mit dem neuen, dreiteiligen Teleskopstock sehr zufrieden: "Man kann ihn locker am Gürtel tragen, und schon das laute Klickgeräusch, wenn man ihn 'rausschnalzen lässt, hat eine abschreckende psychologische Wirkung", so seine Erfahrung. Nach Angaben von Schembera griffen Beamte bisher in Mannheim neunmal zu dem Stock und seien "durchweg sehr zufrieden", "wobei teilweise der Widerstand schon ein Ende hat, wenn der Stock ausgefahren wird", bestätigt er die Aussage von Mohr: "Die einschlägige Szene weiß nämlich genau, was das für ein Teil ist", so der Experte.
Wirklich zuschlagen dürfen Beamte damit nur, wenn sie "mildere Mittel wie einfache körperliche Gewalt versucht haben oder das Gegenüber erheblich aggressiv ist", wie Schembera betont. Drei Stunden muss jeder Beamte trainieren, ehe er den Stock erstmals ausgehändigt bekommt, jährlich ist eine Auffrischung vorgesehen. Schließlich könne der massive Stahl "schon eine hohe Schmerzwirkung" entfalten.
Es gibt aber auch Skeptiker - etwa Egon Manz, den Vorsitzenden des Personalrats im Polizeipräsidium. Der neue Teleskop-Schlagstock sei zwar "sicher wesentlich besser, aber nicht das Nonplusultra", sagt er. "Ein Polizeibeamter im 21. Jahrhundert sollte einfach bei einer Auseinandersetzung nicht auf körperliche Gewalt angewiesen sein, sondern Abstand halten können", argumentiert Egon Manz, "zumal solch ein Stockeinsatz auch Verletzungsrisiken birgt." Er hält daher "eine richtige Distanzwaffe" für erforderlich, wie er sagt - womit er ein Elektroschockgerät meint, den sogenannten Teaser, der aber auch heftig umstritten ist, weil er zu Herzstillstand führen kann.
Mannheimer Morgen
21. August 201