Bezirksliga zur Konsolidierung
Fußball. Für viele kommt der Schritt überraschend: Der TSV Crailsheim zieht sich zur neuen Spielzeit direkt in die Bezirksliga zurück. Der ehemalige Oberligist will sich dort neu aufstellen und finanziell gesund werden.
Bereits einige Spieltage vor dem Ende der Oberliga-Saison war klar, dass der TSV Crailsheim in die Verbandsliga absteigt. Eigentlich sollte dort Robert Birghan, der die A-Jugend in die Aufstiegsspiele zur Verbandsstaffel geführt hat, Trainer werden und ein runderneuertes Team in der Liga halten. Doch so weit kommt es nicht: Der TSV Crailsheim steigt freiwillig in die Bezirksliga ab und nimmt dort den Platz der TSV-Reserve ein, die wiederum die dritte Mannschaft in der Kreisliga A 2 ersetzt. Neuer Spielertrainer wird der ehemalige Regionalliga-Kicker Patrick Neumann, der eigentlich die Zweite in der Bezirksliga coachen sollte.
Der Rückzug der Fußballer sei mit der gesamten Vorstandschaft und der Abteilungsleitung abgesprochen worden, erklärt TSV-Vorsitzender Klaus-Jürgen Mümmler im Gespräch mit dem HT. "Ich bin überzeugt davon, dass wir so den einzig richtigen Weg eingeschlagen haben!" Die Verbandsliga sei finanziell einfach nicht zu stemmen gewesen, in der Bezirksliga beginne nun die Konsolidierung. Aus Angst vor Schulden habe man diesen "unpopulären Schritt" nun gehen müssen. "Wir sind schon letztes Jahr mit einem blauen Auge davon gekommen." Nur dank kurzfristig eingesprungener Sponsoren habe man die Oberliga-Saison noch zu Ende spielen können.
"Es ist vernünftiger, jetzt die Bremse zu ziehen, um den Gesamtverein zu wahren", sagt Mümmler, der Fußball-Abteilungsleiter Bernd Karg lobt: "Es zeichnet einen Abteilungsleiter aus, wenn er sagt: ,Jetzt ist Schluss!" Karg habe den Vereinsvorstand informiert, dass man so nicht weitermachen könne. Von Schuldzuweisungen gegenüber früheren TSV-Verantwortlichen nimmt Mümmler Abstand. Angesprochen auf bestehende finanzielle Probleme sagt Michael Vogt, Mitarbeiter des Abteilungsteams: "Die Verbindlichkeiten, die da waren, sind bezahlt. Es ist kein fremder Gläubiger da!" Allerdings habe die Abteilung noch einen Beitrag zu leisten, der die nächsten "drei bis vier Jahre", so Mümmler, beglichen sein soll.
Als Bernd Karg die Spieler am Donnerstagabend über den Rückzug in die Bezirksliga informierte, seien diese natürlich "enttäuscht und sauer" gewesen. "Vollstes Verständnis" habe Karg für Spieler wie Martin Kleinschrodt, die auch in der Verbandsliga beim TSV bleiben wollten. Jetzt scheint es aber zum Exodus zu kommen, so dass die jetzige zweite Mannschaft den Kern der neuen Ersten bildet. "Wir gehen mit einer ambitionierten Bezirksliga-Mannschaft an den Start", verspricht Karg. Mit Spielern, die sich voll mit dem Verein identifizieren, ohne ein Fixgehalt zu bekommen.
Mümmler sieht den freiwilligen Abstieg auch als Möglichkeit zum Neuanfang: "Jetzt gilts! Jede Niederlage bringt auch neue Chancen!" Er und seine beiden Mitstreiter, die im HT-Gespräch sichtlich erleichtert wirken, freuen sich darauf, dass die Zuschauer endlich wieder mit einem "positiven Gefühl aus dem Stadion gehen" können, wenn zum Beispiel das Derby gegen Altenmünster ansteht. Und sie freuen sich auch darauf, dass die Abteilung endlich wieder akzeptiert werde, nachdem sie lange Zeit in einem schlechten Licht stand, und es endlich wieder ein Vereinsleben geben wird. "Es war ja gar keine Gemeinschaft bei uns mehr erkennbar", sagt Vogt.
Quelle:
http://www.swp.de/crailsheim/sport/fuss ... 521,534280
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KOMMENTAR: Lieber Derbys als Langeweile
Diese Nachricht kommt einer Sensation gleich: Der TSV Crailsheim spielt nächste Saison nur noch in der Fußball-Bezirksliga - wohlgemerkt, die erste Mannschaft und nicht die Reserve. Von der Oberliga geht es ohne Umwege drei Klassen abwärts. Was aus sportlicher Sicht einem Desaster nahe kommt, ist unter finanziellen Aspekten aber mehr als nachvollziehbar. Schließlich hätten sich Schulden auf den gesamten Verein TSV Crailsheim ausgewirkt - von der Kindertanzgruppe über die Skiabteilung bis hin zu den Seniorensportlern. Dieses Risiko wollten die Vorstandschaft und die Fußball-Abteilung nicht eingehen und zogen deshalb einen Schlussstrich.
Ein Schritt, der Respekt abverlangt. Und ein notwendiger Schritt, der gerade noch rechtzeitig gekommen ist, wenn man die Negativbeispiele SSV Reutlingen und Waldhof Mannheim sieht. Nun hat der TSV die Chance, in der Bezirksliga neu anzufangen. Mit Spielern, die sich mit dem Verein völlig identifizieren und keinen Söldnern, die nach einer Saison wieder das Weite suchen. Crailsheim ist gehörig auf die Nase gefallen. Nun gilt es, wieder aufzustehen. Und heißblütige Derbys gegen Altenmünster, Hengstfeld und Stimpfach werden sicher mehr Zuschauer ins Schönebürgstadion locken als langweilige Oberliga-Partien gegen Kehl oder Offenburg. JOACHIM MAYERSHOFER
Quelle:
http://www.swp.de/crailsheim/sport/fuss ... 521,533930