Die Regionalliga-Reform versinkt im Chaos
Unter Fürsten
Die angestrebte Reform der Regionalligen steht vor dem Aus. Weil sich die DFB-Vertreter nicht einig wurden, denken die Drittliga-Klubs jetzt über eine ganz eigene Lösung nach.
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Der Fußball in Deutschland steht dieser Tage am Scheideweg. Offiziell spricht der DFB in einer Pressemitteilung davon, dass sich nur noch die Regionalverbände Nord, Nordost und der Landesverband Bayern über die Regionalliga-Reform einig werden müssten. Doch wie der »Kicker« in seiner Montagsausgabe berichtet, ist die angestrebte Reform gescheitert, aus fünf Regionalligen vier Staffeln zu kreieren, damit alle Meister aufsteigen können. Das weitaus größere Problem für den Deutschen Fußball-Bund rollt nun aus der dritten Liga heran.
Norden, Nordosten und Bayern müssen sich einig werden
Im Dezember 2017 erklärte der DFB, dass eine Neuregelung der Regionalligen geschaffen werden müsse. Nach den Relegationsdramen im Sommer hatte die DFB-Führung um Präsident Reinhard Grindel bemerkt, dass sich mit diesem Thema bei den Amateuren und ihren Fans punkten ließe. Doch statt eine Reform schon auf dem DFB-Bundestag zu verabschieden, beschlossen die Vertreter am Vorabend, auf die Abstimmung zu verzichten zugunsten einer neuen Arbeitsgemeinschaft. Das Ziel: Eine sinnvolle Aufteilung Deutschlands in vier Regionalligen.
Eine AG, die dieser Tage ohne nennenswertes Ergebnis wieder zerfällt. Statt eine Lösung gefunden zu haben, gibt die Gruppe die Verantwortung zurück an die Regionalverbände. Während die Regionalligen West und Südwest erhalten bleiben und jeweils einen festen Aufstiegsplatz in die 3. Liga bekommen sollen, müssen sich nun außerhalb der Arbeitsgruppe die Verbände im Norden, Nordosten und in Bayern über die Aufteilung der übrigen zwei Aufstiegsplätze einig werden.
Erster Schritt oder lange Hand?
»Es handelt sich um einen ersten richtigen Schritt«, sagt dazu DFB-Vizepräsident Rainer Koch. Seine Position scheint entscheidend in diesem Wirr-Warr von Interessen. Gegenüber der »Sport Bild« sagte Koch: »Wir werden uns in Bayern keinesfalls gegen den Willen des Nordostens stellen, und sind auch gegen einen entsprechenden Mehrheitsbeschluss, der die Regionalliga Nordost aufteilen würde.« Kurzum: Die Regionalliga Nordost will sich nicht aufteilen lassen und in die Regionalligen Nord und Bayern übergehen. Koch und der bayerische Landesverband haben damit auch gar kein Problem.
Denn nach Informationen von 11FREUNDE soll es Rainer Koch gewesen sein, der den Regionalverbänden im Westen und Südwesten frühzeitig signalisiert hatte, an ihrer Unabhängigkeit nicht rütteln zu wollen. Er soll zuvor befürchtet haben, dass ansonsten der bayrische Landesverband gemeinsam mit Baden-Württemberg in eine Regionalliga Süd übergehen könnte. Bewusst habe er den Ball deshalb an den Landesverband Nordost gespielt, der eine Auflösung der eigenen Regionalliga ebenfalls verweigerte.
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Verabschiedet sich die 3. Liga vom DFB?
Das Ergebnis: eine berechnete Pattsituation. Von Seiten des DFB heißt es zum weiteren Vorgehen: »Sollten die Regionalverbände Nord, Nordost sowie der Landesverband Bayern zu keiner Aufteilung in zwei Staffeln gelangen, hätten sie eine genaue Begründung darzulegen, wie stattdessen die beiden Aufsteiger in ihrem Gebiet zu ermitteln sind.« Als wahrscheinlichstes Szenario gilt ein Playoff-System unter diesen drei Regionalligen, während die Meister im Westen und Südwesten direkt aufsteigen.
Eine Situation, die vor allem für die Drittligisten unhaltbar ist. Sie hatten sich im Dezember 2017, am Vorabend des Bundestags, dazu bereit erklärt, in ihrer Liga einen weiteren, vierten Abstiegsplatz zu akzeptieren - damit in naher Zukunft eben alle Meister aufsteigen könnten. Ein Faustpfand auch für die Absteiger der 3. Liga, die einen direkten Wiederaufstieg anstreben. Doch dazu käme es nach der Mini-Reform des DFB nicht. Am Dienstag trafen sich deshalb nahezu alle Vereinsvertreter in Wiesbaden, um über die Lage zu beraten.
»Bis auf die letzte Patrone«
Nachdem NOFV-Präsident Rainer Milkoreit angekündigt hatte, die Regionalliga Nordost »bis auf die letzte Patrone zu verteidigen« und Rainer Koch in der »Sport Bild« über eine zweigleisige 3. Liga sinnierte, soll die Stimmung in Wiesbaden angespannt gewesen sein. In einer Pressemitteilung am Mittwochmorgen, die vor der Veröffentlichung abgeschwächt wurde, heißt es: »Unmissverständlich machen die Vereine der 3. Liga klar, dass die Glaubwürdigkeit des DFB in Bezug auf die Neuregelung des Aufstiegs in die 3. Liga endgültig verloren gegangen ist.«
Die Drittligisten wollen nun prüfen, ob am Saisonende überhaupt ein vierter Verein absteigen muss, wenn die Reform-AG bis dahin keine Lösung für vier Regionalligen präsentiere. Die Vereinbarung vom Dezember 2017 wäre nach Ansicht einiger Drittligisten dann nichtig.
Verliert der DFB die 3. Liga?
Viel weitreichender: Auch sollen am Dienstag die Drittligisten über eine Ausgliederung der 3. Liga aus den DFB-Strukturen nachgedacht haben. Sie fühlen sich im DFB zwischen den Landesfürsten der Regionalverbände nicht würdig vertreten, pochen auf einen eigenen Sitz im Präsidium. Lose Anfragen an die DFL, dem Dachverband der 1. und 2. Bundesliga, sollen folgen, aber auch mit der Idee der Gründung eines eigenen Dachverbands sollen einige Vereinsvertreter schon gespielt haben.
Überrascht von den aktuellen Ergebnissen scheinen die Drittligisten nicht gewesen zu sein. Mario Kallnik (1. FC Magdeburg) und Helmut Sandrock (Karlsruher SC) hatten als Drittliga-Vertreter bereits nach den ersten AG-Sitzungen Verwunderung darüber geäußert, vor vollendete Tatsachen gestellt worden zu sein. Das Vertrauen der Vereine haben Regionalverbände und DFB in den letzten Monaten wohl verspielt.
Quelle:
https://11freunde.de/artikel/die-region ... aos/page/1