Fußball: Drei Spielabbrüche wegen brutaler Ausschreitungen auf dem Platz / Fassungslosigkeit bei Verbandsfunktionären
Schwarzer Sonntag im Fußball-Kreis
Von unserem Mitarbeiter Markus Wilhelm
Mannheim. Die Welle der Gewalt auf den Fußballplätzen der Region ebbt einfach nicht ab. Ein Schwerverletzter, drei Spielabbrüche, etliche Rote Karten sowie ein gewaltiger Imageschaden - das ist die traurige Bilanz eines schwarzen Sonntags im Fußballkreis Mannheim.
Dramatische Szenen spielten sich beim B-Jugendspiel zwischen dem FV 03 Ladenburg und dem Eisenbahner-Sportclub Mannheim ab. Nach mehreren Tritten zweier ESC-Spieler in den Rücken und das Gesicht ihres Opfers erlitt ein 15-jähriger Ladenburger einen Kiefer- und Nasenbeinbruch und musste noch am Abend in der Heidelberger Universitätsklinik notoperiert werden.
Blau-Weiß meldet U 17 ab
Auf dem Platz kam es in der Folge zu weiteren Handgreiflichkeiten zwischen FV-Zuschauern und aggressiven ESC-Spielern. Mit Handschellen wurden die beiden Übeltäter - 16 und 17 Jahre alt - von der herbeigerufenen Polizei abgeführt. Beide erwartet nun eine Anzeige wegen schwerer Körperverletzung. Laut Fritz Schmitt, Jugendleiter des ESC Blau-Weiß, wurde das U 17-Team vom Spielbetrieb abgemeldet. Der Ausschluss aller Spieler dieser Mannschaft aus dem Verein sei wahrscheinlich: "Die fliegen raus. Das kann man nicht dulden."
"Man glaubt eigentlich nicht, dass solche Dinge vorkommen können. Leider sind sie traurige Realität geworden", zeigt sich Ladenburgs Jugendleiter Andre Halli geschockt. Der Junge, der derzeit mitten in der Prüfung zur Mittleren Reife steht, hat angesichts der Brutalität der Attacke wahrscheinlich sogar noch Glück im Unglück gehabt.
Auch beim B-Jugendspiel zwischen dem TSV Schönau und dem SC Käfertal ereigneten sich hässliche Szenen. Nach einem Handgemenge zwischen Spielern beider Mannschaften und je zwei Platzverweisen für beide Seiten brach der Schiedsrichter die Partie ab. Von Personenschäden wurde hier nichts bekannt.
Schläger nehmen Reißaus
Dass sich nicht nur Jugendliche, sondern auch Erwachsene mächtig daneben benehmen können, bewiesen am Sonntag Spieler des B-Ligisten FC 67 Waldhof, die beim Auswärtsspiel in Rippenweier einen Spielabbruch provozierten. Mehrere Akteure des FC 67 rasteten völlig aus und zettelten nach Platzverweisen gegen ihre Mannschaft in der zweiten Halbzeit eine wüste Schlägerei an. Als die Polizei auf dem Waldsportplatz eintraf, hatten sich die Übeltäter bereits aus dem Staub gemacht. Spieler des SV Rippenweier wurden leicht verletzt, kamen mit Prellungen davon.
"So etwas habe ich noch nicht erlebt", schildert SV-Trainer Willi Morast, der schon zur Halbzeitpause ein "ganz ungutes Gefühl" hatte: "Da haben manche wie mit blutunterlaufenen Augen gespielt." Seine Bitte an seinen Trainerkollegen vom FC 67 Waldhof, beruhigend auf die Spieler einzuwirken, sei ohne Reaktion geblieben. "Einige Spieler", glaubt Morast, "sind wohl schon mit ordentlich Promille auf den Platz gegangen." Der Schiedsrichter der Partie zog die Pässe von vier Waldhöfer Spielern ein. Auf die Akteure warten nun lange Sperren.
Auf Bestürzung und Fassungslosigkeit stoßen die jüngsten Vorkommnisse bei den verantwortlichen Funktionären. "Man weiß bald nicht mehr, was man sagen soll", fällt es dem Kreisvorsitzenden Rolf Beyer schwer, seine Wut in Worte zu fassen. Von "einer Katastrophe" spricht Siegfried Müller, der Geschäftsführer des Badischen Fußballverbandes. Allein in Mannheim habe der Verband vier Diskussionsabende mit Vertretern aus allen Klubs zum Thema Gewaltprävention durchgeführt. "Wie es aussieht, haben diese Veranstaltungen nicht bei allen Vereinen gefruchtet."
Mit dem Vorfall in Ladenburg wird sich nun die Verbandsspruchkammer beschäftigen. Seit Anfang 2010 kann der BFV besonders gravierende Fälle direkt an sich ziehen und damit auch die mit Laien besetzten Kreisspruchkammern entlasten.
Mannheimer Morgen
05. Mai 2010
http://www.morgenweb.de/region/mannheim ... 80608.html