Die beiden Aufstiegshelden Kevin Conrad und Michael Schultz spielen überraschend nicht mehr für den SV Waldhof
Ein abruptes und trauriges Ende
Ein Blumenstrauß von der Vereinsspitze, warmer Applaus von den Rängen und eine emotionale Ehrenrunde nach dem Abpfiff – einen solchen Bilderbuch-Abschied vom SV Waldhof hätten Kevin Conrad und Michael Schultz verdient gehabt. Doch die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben verhindert, dass sich die beiden Aufstiegshelden in würdigem Rahmen vom Mannheimer Fußball-Drittligisten verabschieden können – alleine schon deshalb, weil im Moment keine Zuschauer zugelassen sind.
Das Ende ihres erfolgreichen Engagements beim SVW gestaltet sich stattdessen abrupt und traurig: Weder Schultz noch Kapitän Conrad bestiegen am Dienstagmittag den Bus zur Partie bei Eintracht Braunschweig (Mittwoch, 19 Uhr). Die beiden Innenverteidiger lehnten die vom Club angebotene Zusatzvereinbarung ab, nach ihrem Vertragsende am 30. Juni auch noch die beiden letzten Saisonspiele im Juli in Braunschweig und gegen Zwickau zu bestreiten. Conrad hat bereits einen Drei-Jahres-Vertrag beim zahlungskräftigen Regionalligisten SV Elversberg unterschrieben, Schultz hat nach eigenen Angaben Angebote aus der 2. Liga, die er durch eine Verletzung im Saisonendspurt nicht gefährden will – im Gespräch sind sein Jugendverein Karlsruher SC, Darmstadt 98 und der SV Sandhausen.
„Beides sind verdiente Spieler von uns, sie haben immer alles gegeben für den Verein. Deshalb sollte man diese Entscheidung hinnehmen, auch wenn wir uns gewünscht hätten, dass es bis zum Ende weitergeht“, zeigte Sportchef Jochen Kientz Verständnis für das Duo. Im Fall Conrad habe sein künftiger Verein Elversberg Bereitschaft signalisiert, den 29-Jährigen für die beiden Juli-Spiele freizugeben, dann habe es aber Verzögerungen gegeben – und nachdem der SV Waldhof seine letzten realistischen Aufstiegshoffnungen mit dem 0:0 gegen Münster begraben musste, nahmen die Dinge ihren Lauf.
„Im Nachgang hätten wir es vielleicht drei Tage früher mit den Jungs fix machen können. Wir dürfen nicht den Spielern die Schuld geben“, räumte Kientz selbstkritisch ein. Auch Nachwuchsmann Jonas Weik, der zu Regionalligist FC Astoria Walldorf wechselt, unterschrieb die Zusatzvereinbarung nicht. Schultz begründete seinen überraschenden vorzeitigen Abgang am Dienstag in einem emotionalen Beitrag in den sozialen Medien. „Hallo liebe Fans des SV Waldhof! Heute trete ich mit einer Mitteilung an euch ran, die mir wirklich nicht leicht fällt. Nach vier Jahren und 115 Spielen in Blau-Schwarz endet für mich meine Zeit in Mannheim“, schrieb der 27-jährige Pfälzer.
Er habe „konkrete Anfragen von anderen Vereinen, bei denen ich für mich die Möglichkeit sehe, den nächsten Schritt in meiner Karriere zu machen“. Zwar sei sein Ziel noch offen und er würde die Saison mit dem SVW gerne mit einem „sauberen Abschluss“ zu Ende spielen. Die Verletzungsgefahr spreche jedoch dagegen. „Dieses Risiko kann ich in meiner aktuellen Lage nicht eingehen. Wie ihr wisst, war ich bereits in der Situation, mich kurz vor Vertragsende schwer verletzt zu haben, als ich mir im Mai 2017 das Kreuzband gerissen habe. Die Chance, sich wieder zu verletzen, ist vielleicht gering, aber sie besteht und es gibt im Fußball keine Garantien. Ich weiß nur, dass die Angebote, die mir jetzt vorliegen, keine Gültigkeit hätten, wenn ich mich tatsächlich verletzen würde.“ Natürlich spiele bei seinem Entschluss auch eine Rolle, dass der Verein „nur noch geringe Außenseiterchancen“ im Aufstiegsrennen habe. Zwei Spieltage vor Schluss liegt der SVW fünf Punkte hinter dem Relegationsplatz.
Seegert und Gohlke als Notlösung
Das plötzliche Ende der Ära von Conrad (seit 2017 in Mannheim) und Schultz (seit 2016) stellt Trainer Bernhard Trares beim Kehraus vor riesige Probleme in der Defensive – in Braunschweig und gegen Abstiegskandidat Zwickau fehlen nun zwei weitere Stammkräfte. Wenigstens hat Marcel Seegert seine muskulären Probleme so weit ausgestanden, dass er mit Youngster Gerrit Gohlke die Innenverteidigung in Braunschweig bilden könnte.
Dass der SVW in diesen beiden Partien aufgrund der Vertragsproblematik nicht mehr seine nominell beste Elf stellen kann – ähnlich wie Meppen, wo Top-Scorer Undav schon weg ist oder wie beim FCK, wo Torhüter Lennart Grill aufgrund seines Wechsels nach Leverkusen nur noch auf der Bank sitzt – führt in der entscheidenden Saisonphase natürlich zu einer Wettbewerbsverzerrung. „Ich habe das Thema schon vor Wochen angesprochen und gesagt, dass ich fürchte, dass es so kommen wird. Das hat der DFB auch gewusst, aber es war offenbar egal“, kritisierte Sportchef Kientz.
Quelle: Mannheimer Morgen