FUSSBAL TIMO KERN, NEUZUGANG DES SV WALDHOF, HAT GROSSE ZIELE UND ERKLÄRT WECHSEL VOM LIGAKONKURRENTEN AUS WALLDOR
Mit Auge und lockeren Sprüchen
20. Juli 2018Autor: Tobias Törkott (obit)
Blick nach oben, auf der Suche nach Mitspielern: Timo Kern während des Testspiels beim VfB Gartenstadt.
© Binder
MANNHEIM.„Timo, mehr zwischen die Linien!“ Die Anweisungen von SV Waldhof-Trainer Bernard Trares hallen am Mittwochabend über den Rasen des VfB Gartenstadt. Trares ist detailverliebt und erwartet das auch von Timo Kern – seinem neuen „Zehner“ – der vom Ligakonkurrenten Astoria Walldorf an den Alsenweg gewechselt ist. Kern folgt der Vorgabe und positioniert sich zwischen den Abwehr- und Mittelfeldreihen und lauert auf Anspiele, um seine Offensivkollegen in Szene zu setzen – wie in der 33. Minute, als er Raffael Korte mit einem gefühlvollen Heber über die Innenverteidiger anspielt. Die Gartenstädter können in letzter Sekunde klären.
Zwölf Minuten später ist sein Arbeitstag zu Ende – Trares tauscht kräftig durch und bittet die ausgewechselten Spieler zum Auslaufen. Nach dem Schlusspfiff zum 4:2-Endstand für den SVW steht Kern mit zufriedenem Blick auf dem Rasen. „Der Gegner stand sehr tief, wir mussten die Kontrolle übernehmen, dazu kommt die Vorbereitung. In den vergangenen vier Wochen haben wir ordentlich Gas gegeben“, erklärt der 28-Jährige, der beim SV Waldhof im Juli einen Zweijahresvertrag unterschrieben hat. Nach fünf Jahren bat er seinen Ex-Club, den er in den vergangenen beiden Spielzeiten als Kapitän aufs Feld führte, um eine Auflösung des Arbeitspapiers. „Ich wollte ambitioniert Fußball spielen“, erklärt er den Entschluss, Walldorf zu verlassen.
Struktur durch den lockeren Typen
Den Weggang von seinem Ex-Club aus dem Hardtwald, der häufig den Ruf als „Wohlfühloase“ genießt, sieht er als Chance: „ Ich wollte den Schritt gehen, weil ich in meiner Karriere noch einmal reinhauen will.“ Dass mit dem neuen Arbeitgeber auch die körperlichen Anforderungen gestiegen sind, hat er bereits am eigenen Leib festgestellt. „Ich muss mich an die Spielweise und Belastung gewöhnen“, sagt er mit gerötetem Kopf und setzt die Messlatte für die neue Saison hoch: „Wir wollen offensiv auftreten und mit viel Pressing spielen.“
Mit seiner engen Ballführung und guten fußballerischen Grundausbildung soll Kern dem Waldhof dabei direkt helfen. „Er ist ein technisch sehr starker Spieler mit Auge und einem tollen Passgefühl“, lobt Trares. Deshalb habe man ihn geholt. „Wir erhoffen uns von Timo Struktur in unserem Spiel“, nennt der SVW-Coach das Anforderungsprofil für den Neuzugang im zentralen Mittelfeld. Kern kann sich dabei auf seine Erfahrung aus 100 Regionalliga-Spielen (24 Tore) für die Walldörfer besinnen.
Hinzu kommen noch einige Partien in der Dritten Liga – für einen badischen Rivalen. Kern absolvierte in der Saison 2012/2013 13 Spiele für den Karlsruher SC, dazu 60 Partien für die KSC-Reserve und genoss während der Jugend einen Großteil seiner fußballerischen Ausbildung im Wildpark. Kern, dem auch gern mal ein lockerer Spruch über die Lippen rutscht, bewertet den Wechsel nach Mannheim relativ nüchtern. „Ich sehe es als anderen Abschnitt. Dazwischen liegen fünf Jahre Walldorf. Außerdem komme ich aus dieser Region und bin hier aufgewachsen“, erklärt der gebürtige Hockenheimer, der beim FV 08 zum ersten Mal die Stiefel schnürte. „Die Entscheidung hat für mich nur etwas mit Fußball zu tun – und da ist der Waldhof eine sehr große Nummer.“
Dass habe er auch durch den gestiegenen Druck, der in Mannheim auf den Spielern laste, gespürt: „In Walldorf waren die Ziele ganz andere.“ Beim SVW würden diese deutlich höher liegen. „Wir wollen eine wichtige Rolle in der Liga spielen und natürlich wollen wir aufsteigen, aber es gibt sehr viele starke Konkurrenten.“
Den möglichen Abzug von drei Punkten sieht er dabei gelassen: „Wir als Spieler können nichts anderes machen, als die Spiele stinknormal zu gestalten“, so die saloppe Äußerung des Blondschopfs. „Wir wollen jedes Spiel gewinnen – und ja, das ist eine Floskel – aber so ist es einfach“, kann er sich ein Lachen nicht verkneifen.
Auch morgen – im letzten Test vor dem Rundenstart bei Zweitliga-Absteiger Eintracht Braunschweig (15 Uhr) – peilt Kern einen Sieg an. „Braunschweig wird offensiv spielen. Wenn wir Platz haben, um den Ball laufen zu lassen, haben wir unsere Stärken.“ Dass die neue Passmaschinerie im SVW-Mittelfeld gegen Gartenstadt noch etwas stotterte, stört ihn noch nicht: „Wir haben viele neue Spieler – das kann gar nicht alles eingespielt sein.“ Beim Verlassen des Spielfelds ergänzt er mit breitem Grinsen: „Kommt Zeit, kommt Rat.“
HOCKENHEIMER BEIM SV WALDHOF
Timo Kern wurde am 16. Januar 1990 geboren und lebt in Heidelberg.
Der gebürtige Hockenheimer absolvierte für den Karlsruher SC 13 Spiele (1 Tor) in der dritten Liga.
Für Astoria Walldorf stand er in 100 Regionalliga-Partien (24 Tore) auf dem Feld – traf in der Vorsaison auch beim 2:2 in Mannheim.
Kern arbeitet nach seinem Studium bei der SAP in Walldorf im Personalwesen.obit
© Mannheimer Morgen, Freitag, 20.07.2018
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