Fußball: Klaus Schlappner, der Vater der Waldhof-Buben, wird heute 70 / Noch immer ist er weltweit unterwegs
Trainer, Arbeitstier und Kümmerer
Von unserem Redaktionsmitglied Ulrich Verthein
Jägersburg. Das Haus, in dem wir sitzen, gehört zum Anwesen einer alten Poststation in Jägersburg. Es ist Baujahr 1761 und liebevoll modernisiert. Vor uns sitzt Klaus Schlappner, Baujahr 1940. Er macht überhaupt nicht den Eindruck, als müsste bei ihm etwas runderneuert werden. Der berühmteste Elektromeister der Republik, der, als der Herrgott die Energie verteilte, gleich beide Arme wie Stromabnehmer zum Himmel gehoben hat, ist unverwechselbar wie immer: wortreich, humorvoll und niemals um den heißen Brei herumredend. Heute wird er 70.
Schon gut zwei Wochen zuvor haben wir beide es uns unter dem Dach gemütlich gemacht. Er musste nämlich vor seinem Geburtstag dringend noch mal nach China und kam erst auf den letzten Drücker zur heutigen Feier zurück. Wir wollen bilanzieren und in Erinnerungen schwelgen. "Weescht noch?", ist einer von Schlappis Lieblingssätzen. Und es gibt genügend Menschen, die seinen Lebensweg gekreuzt haben, ihm immer noch eng verbunden sind und die gerne mit ihm zurückblicken. Klaus Schlappner hat drei leibliche Kinder (Claudia, Uwe und Volker) und drei Enkel, aber dazu kommen noch unzählige Ziehsöhne aus über 30 Jahren Fußballlehrer-Dasein.
Die einstigen Waldhof-Buben gehören dazu, mit denen er in den Achtzigern die Fußball-Bundesliga aufmischte, aber auch einer wie Ex-Nationalspieler Bernd Schneider, den er bei seiner Trainerstation in Jena unter die Fittiche nahm, nachdem der Junge damals früh den Vater verlor. Auf einem Parkplatz hat er dem "Schnix" dann das Autofahren beigebracht. Klar, dass er kürzlich zum Abschiedsspiel des "weißen Brasilianers" eingeladen war.
Schlappner ist nämlich nicht nur rastloses Arbeitstier, sondern auch Kümmerer. Als Trainer hatte er stets auch das private Befinden seiner Schützlinge im Blick. Angefangen vom Hosengürtel, ohne den man nicht aus dem Haus geht, bis hin zu Rat und Tat bei Sorgen. Wen wundert's, dass in Jägersburg öfters mal das Telefon klingelt, wenn einer auf der A 5 oder A 67 heranrauscht. "Trainer, Sie sind daheim? Dann komm' ich mal schnell vorbei"
China, Iran und Sumatra
Daheim ist er allerdings nicht so oft. Hinter dem Namen auf der Visitenkarte, die ihn als Gastprofessor der Universität im chinesischen Hebei ausweist, als Fußballentwicklungsexperten, ehemaligen Cheftrainer der chinesischen Nationalmannschaft und Botschafter der Bergstraße, müsste eigentlich "d.u." stehen, für "dauernd unterwegs". Im Iran war er als Trainer aktiv, in der Mongolei als Berater oder in Banda Aceh auf Sumatra. Dort versucht er, den Menschen, die immer noch unter den Folgen des grausamen Tsunamis aus dem Jahr 2004 leiden, über den Fußball ein wenig Spaß am Leben zu geben. Schlappi ist unterwegs im Dienste des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und des Auswärtigen Amtes der Bundesregierung. Er ist auch Vorsitzender der "Arbeitsgruppe im Ausland tätiger Experten".
70 Jahre - und kein bisschen ruhiger? "Doch, im nächsten Lebensjahrzehnt möchte ich mir wesentlich mehr Zeit für meine Frau und die Familie nehmen." Mit dem Besuch der Olympischen Winterspiele in Vancouver haben die beiden einen Anfang gemacht.
So ein runder Geburtstag bringt natürlich auch stets den Blick zurück mit sich. Gibt's was zu bereuen, was wäre anders vielleicht besser gelaufen? "Nee", sagt der Schlappi. "Vor allem würde ich meine Frau unbedingt noch einmal heiraten." Bald 50 Jahre hält Irene ihrem Klaus nun schon den Rücken frei. Das ist heute etwas leichter, als in den Siebzigern, als Erziehung der Kinder, Hausbau, Gründung der eigenen Elektro-Firma und Aufbau der Trainer-Karriere zusammenkamen. Als wir ankündigen, die Gattin zu befragen, ob sie ihn denn auch noch einmal nehmen würde, kommt die bekannte Schlagfertigkeit hervor. "Wenn se nee sacht, isse am 22. net eigelade." Das will Irene Schlappner dann doch nicht riskieren.
Wie es sich für einen passionierten Jäger und Golfspieler gehört, hat Klaus Schlappner schon früh zum Feiern gebeten. "Des geht sicher de ganze Daach." Und die meistgebrauchte Frage des Tages steht auch schon fest: "Weescht noch?"
Mannheimer Morgen
22. Mai 2010
http://www.morgenweb.de/nachrichten/spo ... 47246.html
Nicht nach hinten, nur nach vorne geht der Blick. Waldhof in Liga 2.