St. Pauli - Hansa Rostock oder: Wie kurzsichtig kann man sein?von Jean-Claude
Die Hamburger Polizei hat nach “einvernehmlichen Gesprächen” mit der Vereinsführung des FC St. Pauli folgende Details zum bevorstehenden Auswärtsspiel von Hansa Rostock am Millerntor (am 28. März 2010) bekannt gegeben: Die Gastmannschaft Hansa Rostock erhält keine Stehplatzkarten. Stattdessen bekommen die Rostocker 500 Sitzplatzkarten zur Verfügung gestellt, die aber nur personalisiert abgegeben werden dürfen. Am Einlass sollen die Karteninhaber anhand ihres Personalausweises überprüft werden. Auf äußerst fragwürdige Art ist der FC St. Pauli somit an einem Präzedenzfall im deutschen Profifußball beteiligt, der Schule machen dürfte, und den Präsident Corny Littmann auch noch als “weitestgehend mögliche Wahrung der Fanrechte” verkaufen will…Nach einer
neuen Welle von gewalttätigen Ereignissen in und rund um deutsche Fußballstadien in den letzten Wochen und dem entsprechenden medialen Sicherheitsdiskurs war der Boden für eine solche Entscheidung bereitet. Was die “
Verboten, verboten, verboten“-Ideologie, die sich hier Bahn bricht, allerdings langfristig bedeutet, bleibt abzuwarten. Konkret stellen sich mindestens folgende drei Fragen:
1. Glaubt irgendwer, einschließlich der Hamburger Polizei, dass aufgrund dieser Verfügung nur 500 Hansa-Fans anreisen werden? Entweder die dortige Fanszene entschließt sich zu einem Totalboykott oder es wird das gleiche Motto gelten, wie im letzten Jahr: “Alle nach Hamburg, auch ohne Karten.” Was dann auf dem Kiez los sein dürfte, sollte selbst Sicherheitsfanatikern zu denken geben. Im letzten Jahr schafften es mehrere hundert Rostocker, sich auch ohne Tickets Zugang zum Stadion zu verschaffen. Als Antwort darauf will man ihnen nun noch weniger Tickets verkaufen. Eine bestechende Logik.
2. Glaubt irgendwer, einschließlich Corny Littmann, dass dieses Szenario zukünftig keine Nachahmung finden wird? Warum sollte es aus “Sicherheitsgründen” ein Derby gegen den HSV am Millerntor geben? Warum sollten St. Pauli Fans zukünftig in die Arena des HSV oder nach Rostock reisen dürfen? Warum sollten Gladbacher nach Köln fahren? Warum Anhänger des HSV in Bremen dulden? Warum konnte man den Schwarzen Peter nicht wenigstens der Polizei überlassen, die dann vermutlich gegen die Empfehlungen beider Vereine gar keine Gästefans zugelassen hätte, anstatt diesen faulen Kompromiss zuzulassen?
3. Glaubt irgendwer, einschließlich der Boulevardpresse, hier gehe es um “linke” und “rechte” Chaoten, um “gewaltbereite Ultras”, gar um “Wessis” gegen “Ossis” oder um eine Gewalt neuen Ausmaßes?
Irrtum! Hier geht es um den Anfang vom Ende einer Fankultur. Hier geht es um den Anfang vom Ende der Stehplatztribünen. Hier geht es um den Anfang vom Ende von Auswärtsfans. Hier geht es um die Angstneurosen der bürgerlichen Gesellschaft und die austauschbaren Objekte einer Paranoia namens Sicherheit.
Quelle:
http://www.sportswire.de/st-pauli-hansa ... -man-sein/