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Im freien Fall: SV Waldhof zeigt klassische Symptome eines Absteigers
Der steile Absturz der vergangenen Monate hat den SV Waldhof Mannheim endgültig auf einen Abstiegsplatz befördert. Auch Trainer Trares ist nicht mehr unantastbar.
09.02.2025
VON:
ALEXANDER MÜLLER
Mannheim.
Bernhard Trares stierte zeitweise ins Leere, als er eine Leistung erklären sollte, die sich bedrohlich nahe an einem sportlichen Offenbarungseid bewegte. Nach der besorgniserregenden 1:2 (1:2)-Niederlage beim 1. FC Saarbrücken stand der Trainer des SV Waldhof im Presseraum des Ludwigsparkstadions und wirkte nach dem Sturz auf einen Abstiegsplatz niedergeschlagen. „Wir haben in den letzten Wochen einfach schlechte Ergebnisse geholt. Am Allermeisten bin ich selbst enttäuscht, ich bin damit total unzufrieden“, sagte Trares.
Die Mannheimer zeigen die klassischen Symptome eines Absteigers. Nur ein Sieg aus den zurückliegenden zwölf Partien, in den sieglosen vergangenen acht Spielen lediglich drei von 24 möglichen Punkten – der SVW befindet sich im freien Fall. In Saarbrücken lagen die Kurpfälzer nach einer katastrophalen Anfangsphase schon nach sechs Minuten durch zwei Tore von Stefan Feiertag (1., 6.). in Rückstand, selbst ein vom Schiedsrichter geschenkter Handelfmeter, den Arianit Ferati verwandelte (41.), sorgte nicht dafür, dass ein Ruck durch die Mannschaft ging. Die harmlosen Offensivbemühungen in der zweiten Halbzeit stellten Saarbrücken nicht einmal ansatzweise vor Probleme. Es fehlte an allem: Spielkultur, Leidenschaft, sauberen Pässen, einem tragfähigen Fußball-Konzept.
„Spätestens jetzt sollte es jeder verstanden haben, dass wir sehr tief im Abstiegskampf stecken“, urteilte Sportchef Anthony Loviso, der sich nicht mehr vor die Mannschaft stellen wollte: „So dürfen wir uns nicht präsentieren.“
Der Defensivplan von Trares ist nach sechs Minuten gescheitert
Diese Waldhof-Saison hat eine verheerende Eigendynamik bekommen, vieles spricht mittlerweile für einen Abstieg. Der Scheinwerfer dreht sich längst auch auf Trainer Trares, der sich angreifbar gemacht hat. In Saarbrücken setzte er auf einen knallharten Defensivplan mit sieben Spielern in der Startelf, die vor allem für Torverhinderung zuständig sind – eine Strategie, die bereits nach sechs Minuten über den Haufen geworfen war.
Trotz des schnellen Rückstands gab es keine taktischen oder personellen Eingriffe von außen, der Waldhof-Trainer wechselte erstmals nach über einer Stunde – und zwar positionsgetreu. Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dass sich Trares nachher über fehlende „Eingaben“ in den Strafraum beklagte, er selbst aber mit Tim Sechelmann und Henning Matriciani zwei gelernte Manndecker auf die Außenverteidiger-Positionen gestellt hatte, obwohl in Seyhan Yigit und Sascha Voelcke zwei Alternativen mit Vorwärtsdrang zur Verfügung gestanden hätten.
Noch zehrt der Trainer vom Status als Aufstiegsheld
Die offensive Außenbahn ist im aktuellen 4-4-2-System des SVW ohnehin de facto abgeschafft: Auf den Halbpositionen im Mittelfeld begannen in Saarbrücken die defensiv denkenden Janne Sietan und Maximilian Thalhammer. Im Ergebnis schafften es die Mannheimer am Samstag nicht, auch nur einen ernstzunehmenden Torschuss aus dem Spiel heraus abzugeben. Es war ein in 90 Minuten gegossenes blau-schwarzes Desaster.
Noch zehrt Trares vom Status, den er als populärer Aufstiegstrainer von 2019 genießt. In einer anderen Konstellation würde sicher bereits deutlich intensiver darüber diskutiert werden, ob der akut abstiegsgefährdete SV Waldhof nach der steilen Talfahrt der vergangenen Monate noch einmal einen neuen Impuls auf der Trainerposition benötigt, um den Super-GAU Abstieg zu verhindern. Zum gleichen Zeitpunkt der vergangenen Saison war übrigens Trainer Rüdiger Rehm beurlaubt worden– er hatte genau wie Trares jetzt 23 Punkte auf dem Konto und stand auf einem Abstiegsplatz.
Trotz wochenlanger Winter-Vorbereitung und den gewünschten Verstärkungen für die Offensive (André Becker, Arianit Ferati) bekommt Trares die fußballerischen Probleme nicht in den Griff. Der indiskutable Auftritt in Saarbrücken war in diesem Zusammenhang ein deutlicher Rückschritt zu den Vorwochen, als zumindest die Leistungen noch in Ordnung waren. „Wir müssen schon realisieren, was die Mannschaft leisten kann“, verteidigte sich der Coach am Samstag. „Ich finde aber, dass wir nicht so schlecht sind, wie wir jetzt dastehen. Wir hätten schon sechs bis acht Punkte mehr haben können, wo das Glück nicht auf unserer Seite war.“
Gegen Rostock starten die Mannheimer „Schicksalswochen“
Für den SV Waldhof und seinen Trainer stehen vermutlich schon Schicksalswochen an. Im nächsten Heimspiel kommt Hansa Rostock, danach geht es zu den direkten Konkurrenten Osnabrück und Essen, zwischendurch tritt Alemannia Aachen im Carl-Benz-Stadion an. Wenn der Trend so weitergeht, könnte der SVW schon in einigen Wochen in der Tabelle fast abgeschlagen sein. „Wenn du nach dem 23. Spieltag da unten drin stehst, wird das schon in Ordnung sein. Wir müssen den Kampf annehmen. Und wir müssen Spiele gewinnen“, forderte Sportchef Loviso.
Trainer Trares kündigte an, gegen Rostock darauf zu achten, welche Profis mental für die speziellen Anforderungen des Abstiegskampfs bereit sind. Die Spieler, die in Saarbücken sprechen wollten, zeigten immerhin Selbstkritik. „Wir haben wieder nicht gepunktet, es sieht jetzt sehr schlecht aus. Wir müssen den Ernst der Lage verstehen und schauen, dass wir da wieder rauskommen“, sagte Lukas Klünter. Die Zweifel, ob sich der SV Waldhof aus der prekären Situation noch einmal befreien kann, sind seit Samstag allerdings erheblich gewachsen.
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