Presse 09.01.2025

Waldhof-Chef Beetz: „Wenn wir uns nicht bewegen, sind wir weg"
Im Trainingslager von Belek nimmt sich Club-Chef Bernd Beetz viel Zeit für ein Gespräch über das turbulente Jahr 2024, die Entwicklung bei Galeria und die sportlichen Ziele. Zentral bleibt für ihn aber die Stadion-Frage
Belek. Das Wintertrainingslager des SV Waldhof lässt sich Präsident Bernd Beetz nach Möglichkeit nicht entgehen. In diesem Jahr ist der 74-Jährige seit dem vergangenen Sonntag mit einem Teil seiner Familie vor Ort, dreht seine Runden auf dem nahe gelegenen Golf-Platz oder beobachtet die Auftritte der Mannheimer wie beispielsweise am vergangenen Montag beim Test des Drittligisten gegen Hannover 96 (1:0).
Im Teamhotel der Mannheimer nahm sich der Investor und Mäzen des SVW Zeit für ein Gespräch mit dieser Redaktion, blickte auf das sportlich überaus unruhige Jahr 2024 zurück und formulierte die Leitplanken für die Zukunft. Wichtig ist ihm dabei endlich Klarheit in der Stadionfrage.
Herr Beetz, 2024 dürfte Ihnen mit Ihrem Einstieg bei Galeria und den sportlich brenzligen Situationen beim SV Waldhof als ein sehr bewegtes Jahr in Erinnerung bleiben. Wie haben Sie es erlebt?
Bernd Beetz: Für mich war das einerseits ein tolles Jahr. Der Galeria-Einstieg war eine herausragende Sache, mit der ich sehr zufrieden bin - auch wenn es eine echte Herausforderung ist. Das war ein echtes Highlight. Was den Waldhof betrifft, war der späte Klassenerhalt natürlich nervenaufreibend und auch die Hinrunde der aktuellen Spielzeit ist für unsere Ansprüche, die Qualität der Mannschaft und den finanziellen Aufwand, den wir betreiben, eine Enttäuschung. Da sind 21 Punkte einfach zu wenig.
Worauf hätten Sie 2024 gerne verzichten können?
Beetz: Ganz sicher auf die beiden Trainerentlassungen. Das war insgesamt keine positive Entwicklung und ich musste ja auch schon im Winter personell ordentlich nachjustieren, um die Abstiegsgefahr abzuwenden. Das hat zum Glück geklappt, aber das war . . . eine, sagen wir mal, durchaus charakterformende Periode (lacht).
Das Management einer Warenhauskette und an der Spitze eines Proficlubs - gibt es da Parallelen?
Beetz: Nicht direkt, aber irgendwo ist ein Fußballverein natürlich auch ein Wirtschaftsunternehmen. Wie so ein Organismus funktioniert oder funktionieren sollte, da gibt es schon Parallelen. Im Fußball geht es allerdings nicht immer rational zu.
Ist ein Wirtschaftsunternehmen einfacher zu lenken, weil es nicht solche Unwägbarkeiten wie einen falschen Schiedsrichterpfiff oder einen Pfostenschuss zur falschen Zeit gibt?
Beetz: Es gibt in beiden Bereichen Unwägbarkeiten, die Sie nie exakt einrechnen können. Wenn in Deutschland die Konjunktur einbricht, kann es passieren, dass sie bestimmte Dinge in ihrem Unternehmen auch nicht mehr unter Kontrolle haben. Und wenn Terrence Boyd zwei regelkonforme Tore nicht aberkannt bekommt, haben wir zwei Siege mehr. Die sportlichen Dinge kann man vielleicht besser beeinflussen, wenn man es hinbekommt, Kontinuität zu schaffen, was wir auch versuchen. In der Wirtschaft kann man dafür vielleicht die Vektoren bewusster aufstellen.
Wie lautet Ihre Prognose? Auf welchem Feld kehrt früher Stabilität ein? Bei Galeria oder beim SV Waldhof?
Beetz: Ich hoffe auf beiden. Galeria ist sehr gut ausgerichtet. Ich denke, dass es da in eine positive Richtung gehen wird, und ich setze bei meinem Ausblick auch auf den Waldhof. Wir haben einen starken Kader, der gerade gegen Hannover wieder gezeigt hat, was er kann. Auch das Trainerteam macht einen guten Job, um die richtigen Stellschrauben zu finden.
Können Sie schon abschätzen, wie sich vor allem der für die Mannheimer Innenstadt so wichtige Anker der Galeria-Filiale am Paradeplatz entwickelt. Greifen die Maßnahmen seit dem vergangenen Sommer?
Beetz: Bevor ich da ankam, sollte die Filiale geschlossen werden. Es war eine der schlechtesten Filialen überhaupt. Wir haben da jahrelang schweren Verlust gemacht. Ich bin eingestiegen, um die Sache zu retten, und wir haben mit dem Oberbürgermeister und den weiteren Beteiligten mit Blick auf die Immobilie eine gute Lösung gefunden. Jetzt muss ich sagen: Die Filiale läuft recht gut und hat die Verlustzone verlassen. Wir haben so eine Liste, die abbildet, wer top und wer ganz schlecht ist. Und bei den ganz Schlechten ist Mannheim nicht mehr dabei. Wir werden aber auch weiterhin in das Haus investieren. Da bin ich relativ zuversichtlich und auch die Synergien zwischen Galeria und Waldhof zahlen sich aus.
Die Stadtgesellschaft, die Kommunalpolitik und der SV Waldhof sind auch über die Stadionfrage stark in Kontakt. Beim Neujahrsempfang kündigte OB Specht am vergangenen Montag an, dass die Stadtspitze „in diesem Jahr“ dem Gemeinderat einen Vorschlag in Sachen Neubau oder Sanierung vorlegen will. Ist Ihnen dieser Zeitrahmen konkret genug oder ist man hinter den Kulissen schon weiter?
Beetz: Die alte Verwaltung hat mich fast zehn Jahre an die Wand laufen lassen - von Arbeitskreis zu Arbeitskreis. Ich habe den Eindruck, dass die neue Administration unter Herrn Specht die Sache jetzt echt anpackt und dass wir da gemeinschaftlich eine Lösung finden werden. Es gibt sehr konstruktive Gespräche.
Sie haben gesagt, Ihre Geduld in dieser Frage sei endlich. Gibt es eine rote Linie?
Beetz: Wir können so eben nicht weitermachen. Ich muss da jedes Jahr fünf Millionen reinschieben. Das ist nicht tragfähig. Aber Herr Specht ist jemand, der wie bei Galeria die wirtschaftlichen Dinge versteht. Auch der Waldhof muss eben irgendwann in der Lage sein, sich selbst zu tragen. Und hier ist das Entscheidende, Einnahmen zu kreieren, indem man die Stadionfrage löst. Das ist ganz zentral.
Specht betonte weiter, dass „ein solches Projekt nur durch die Finanzierung privater Investoren möglich sein wird“. Wie könnte ein solcher Weg aussehen? Partner für solch ein Vorhaben werden angesichts der Preisentwicklung bei solchen Bauvorhaben nicht gerade Schlange stehen, oder?
Beetz: Der OB meint damit sicher auch die ganzen bürokratischen Hürden, die sich bei einer öffentlichen Ausschreibung auftürmen. Wenn so etwas privat gemacht wird, geht es wahrscheinlich direkter, schneller und wahrscheinlich auch preiswerter. Und das werden wir versuchen. Ich betrachte das weiter als realistisch.
Sie favorisieren offen einen Neubau. Bietet der einfach mehr Freiheiten für die notwendige Infrastruktur - gerade im Businessbereich?
Beetz: Ein Neubau war immer meine Präferenz, weil man da freier ist, die Dinge umzusetzen, die man benötigt, um Einnahmen zu kreieren. Fußball funktioniert nun mal nicht ohne Geld. Aber generell gilt: Wir brauchen einfach eine Lösung.
Und welchen Stellenwert haben die Faninteressen? Könnte es so etwas wie eine Ideensammlung geben, um nicht am Kern der Waldhof-Fans vorbeizuplanen?
Beetz: Auch das müssen wir - wie die Umgebung und die Anwohner - einbeziehen. Ohne, dass alle mitziehen, würde ich nichts machen. Aber ich glaube, die Leute haben auch verstanden, dass es ohne Business-Seats heute einfach nicht mehr geht und die normalen Fans trotzdem ihre Wurst bekommen. Dazu gibt es ja auch den Club-Fan-Dialog. Diese fast zehnjährige Leidenszeit hat - glaube ich zumindest - auch bei vielen Fans bewirkt, dass sie verstehen, worum es geht. Jetzt kommen die Aachens, die Essens dieser Liga - das ist eine enorme Power. Und wenn wir uns da nicht bewegen, sind wir weg. Das ist ganz simpel.
Schauen wir auf den Sport: Eigentlich sollte mit Rüdiger Rehm etwas Mittelfristiges aufgebaut werden. 2024 wurde dagegen geradeso der Klassenerhalt geschafft. Zweimal aus der Not heraus den Trainer entlassen und es gibt einen neuen Sportchef. Ist alles nur schlecht gelaufen oder gab es auch schlicht Fehler in der Personalauswahl?
Beetz: Das hat uns in unserer geplanten Entwicklung natürlich schon zurückgeworfen. Aber wenn man zehn Spiele nicht gewinnt, ist man eben mit der Brutalität des Ergebnissports konfrontiert. Ich musste reagieren und das habe ich nicht gern gemacht. Mir tat es auch für Marco Antwerpen leid, mit dem wir den Klassenerhalt erreicht haben. Aber es hat dann einfach auf mehreren Ebenen nicht mehr funktioniert. Und natürlich hätte ich vielleicht einige Stellschrauben anders gedreht, wenn wir uns alle damals schon so gut wie heute gekannt hätten.
Mit Trainer Bernhard Trares ist eine Identifikationsfigur zurückgekommen. Welche Hoffnungen setzen Sie in ihn?
Beetz: Zunächst einmal, dass wir eine super Rückrunde spielen.
Ist er auch der Mann für die mittelfristige Entwicklung?
Beetz: Ganz sicher. Ich habe in meinem gesamten Businessleben immer nach Kontinuität gestrebt und deshalb vielleicht auch mal fast zu spät reagiert. Ich bin kein ’Disruptor’ (Management-Schule, bei der alte Geschäftsmodelle bewusst und radikal unterbrochen werden, um Innovation zu ermöglichen, Anm. d. Red). Wenn Dinge funktionieren, möchte ich sie beibehalten, so lange es geht.
Aktuell steht der SVW gerade so über dem Strich. Was macht Sie zuversichtlich, dass sie 2025 etwas früher als am vorletzten Spieltag wieder ruhig schlafen können?
Beetz: Die Mannschaft und wie sie sich zuletzt spielerisch entwickelt hat. Ich sehe die Fortschritte. Auch der Test gegen Hannover hat mir sehr gut gefallen und ich glaube, dass wir das auch in der Rückrunde hinkriegen. Entsprechend sollten 2025 wieder alle vor Mai ruhig schlafen können.
Mit einem Kraftakt hat der SVW im vergangenen Winter den Kader nochmals mit jemandem wie Terrence Boyd verstärkt, der nun länger verletzt ausfällt. Muss der Waldhof wieder nachlegen, um das Schlimmste zu verhindern und ist dafür Luft im Budget?
Beetz: Ich habe immer gemacht, was zu machen ist. Da möchte ich mir keine Beschränkungen auferlegen. Aber das Team hinter dem Team sieht jetzt nicht diese extreme Notwendigkeit, wie wir sie im vergangenen Winter hatten. Wir haben auch großes Vertrauen in unseren Kader. Wäre das anders, würde ich darauf reagieren. Aber ich denke, die Situation ist trotz der Verletzung von Terrence Boyd nicht ganz so angespannt wie im Vorjahr.
Am Freitag geht es hier in Belek gegen den Regionalligisten Rot-Weiß Oberhausen. Wäre ein Spiel wie gegen Hannover der richtige Mutmacher für den Rückrundenstart gegen den FC Ingolstadt?
Beetz: Das wäre prima, aber ich erwarte nicht, dass es so ein gutes Spiel wird wie gegen Hannover. Unsere Mannschaft hat dann sechs Tage Trainingslager in den Beinen, Oberhausen kommt frisch hierher. Wir werden mehr wechseln und dann unterschätzt man einen Regionalligisten vielleicht im Unterbewusstsein, weil man gerade gegen einen Zweitligisten gewonnen hat. Aber vielleicht ist das auch ein Stück weit persönlicher Zweckpessimismus, mit dem ich jetzt besser aufhöre (lacht). Ich lasse mich daher gerne positiv überraschen.
Wenn Sie einen Neujahrswunsch frei hätten - je einen für Galeria und den SVW. Wie würden diese lauten?
Beetz: Für Galeria würde ich mir auf jeden Fall ein positives Jahr mit gutem Wachstum wünschen. Und wenn ich ich es mir aussuchen dürfte, fände ich es schön, wenn wir mit dem SV Waldhof in der Rückrunde vielleicht noch mal ein Stückchen nach oben heranrobben.
https://www.mannheimer-morgen.de/sport/lokalsport_artikel,-lokalsport-mannheim-waldhof-chef-beetz-wenn-wir-uns-nicht-bewegen-sind-wir-weg-_arid,2276584.html
Im Trainingslager von Belek nimmt sich Club-Chef Bernd Beetz viel Zeit für ein Gespräch über das turbulente Jahr 2024, die Entwicklung bei Galeria und die sportlichen Ziele. Zentral bleibt für ihn aber die Stadion-Frage
Belek. Das Wintertrainingslager des SV Waldhof lässt sich Präsident Bernd Beetz nach Möglichkeit nicht entgehen. In diesem Jahr ist der 74-Jährige seit dem vergangenen Sonntag mit einem Teil seiner Familie vor Ort, dreht seine Runden auf dem nahe gelegenen Golf-Platz oder beobachtet die Auftritte der Mannheimer wie beispielsweise am vergangenen Montag beim Test des Drittligisten gegen Hannover 96 (1:0).
Im Teamhotel der Mannheimer nahm sich der Investor und Mäzen des SVW Zeit für ein Gespräch mit dieser Redaktion, blickte auf das sportlich überaus unruhige Jahr 2024 zurück und formulierte die Leitplanken für die Zukunft. Wichtig ist ihm dabei endlich Klarheit in der Stadionfrage.
Herr Beetz, 2024 dürfte Ihnen mit Ihrem Einstieg bei Galeria und den sportlich brenzligen Situationen beim SV Waldhof als ein sehr bewegtes Jahr in Erinnerung bleiben. Wie haben Sie es erlebt?
Bernd Beetz: Für mich war das einerseits ein tolles Jahr. Der Galeria-Einstieg war eine herausragende Sache, mit der ich sehr zufrieden bin - auch wenn es eine echte Herausforderung ist. Das war ein echtes Highlight. Was den Waldhof betrifft, war der späte Klassenerhalt natürlich nervenaufreibend und auch die Hinrunde der aktuellen Spielzeit ist für unsere Ansprüche, die Qualität der Mannschaft und den finanziellen Aufwand, den wir betreiben, eine Enttäuschung. Da sind 21 Punkte einfach zu wenig.
Worauf hätten Sie 2024 gerne verzichten können?
Beetz: Ganz sicher auf die beiden Trainerentlassungen. Das war insgesamt keine positive Entwicklung und ich musste ja auch schon im Winter personell ordentlich nachjustieren, um die Abstiegsgefahr abzuwenden. Das hat zum Glück geklappt, aber das war . . . eine, sagen wir mal, durchaus charakterformende Periode (lacht).
Das Management einer Warenhauskette und an der Spitze eines Proficlubs - gibt es da Parallelen?
Beetz: Nicht direkt, aber irgendwo ist ein Fußballverein natürlich auch ein Wirtschaftsunternehmen. Wie so ein Organismus funktioniert oder funktionieren sollte, da gibt es schon Parallelen. Im Fußball geht es allerdings nicht immer rational zu.
Ist ein Wirtschaftsunternehmen einfacher zu lenken, weil es nicht solche Unwägbarkeiten wie einen falschen Schiedsrichterpfiff oder einen Pfostenschuss zur falschen Zeit gibt?
Beetz: Es gibt in beiden Bereichen Unwägbarkeiten, die Sie nie exakt einrechnen können. Wenn in Deutschland die Konjunktur einbricht, kann es passieren, dass sie bestimmte Dinge in ihrem Unternehmen auch nicht mehr unter Kontrolle haben. Und wenn Terrence Boyd zwei regelkonforme Tore nicht aberkannt bekommt, haben wir zwei Siege mehr. Die sportlichen Dinge kann man vielleicht besser beeinflussen, wenn man es hinbekommt, Kontinuität zu schaffen, was wir auch versuchen. In der Wirtschaft kann man dafür vielleicht die Vektoren bewusster aufstellen.
Wie lautet Ihre Prognose? Auf welchem Feld kehrt früher Stabilität ein? Bei Galeria oder beim SV Waldhof?
Beetz: Ich hoffe auf beiden. Galeria ist sehr gut ausgerichtet. Ich denke, dass es da in eine positive Richtung gehen wird, und ich setze bei meinem Ausblick auch auf den Waldhof. Wir haben einen starken Kader, der gerade gegen Hannover wieder gezeigt hat, was er kann. Auch das Trainerteam macht einen guten Job, um die richtigen Stellschrauben zu finden.
Können Sie schon abschätzen, wie sich vor allem der für die Mannheimer Innenstadt so wichtige Anker der Galeria-Filiale am Paradeplatz entwickelt. Greifen die Maßnahmen seit dem vergangenen Sommer?
Beetz: Bevor ich da ankam, sollte die Filiale geschlossen werden. Es war eine der schlechtesten Filialen überhaupt. Wir haben da jahrelang schweren Verlust gemacht. Ich bin eingestiegen, um die Sache zu retten, und wir haben mit dem Oberbürgermeister und den weiteren Beteiligten mit Blick auf die Immobilie eine gute Lösung gefunden. Jetzt muss ich sagen: Die Filiale läuft recht gut und hat die Verlustzone verlassen. Wir haben so eine Liste, die abbildet, wer top und wer ganz schlecht ist. Und bei den ganz Schlechten ist Mannheim nicht mehr dabei. Wir werden aber auch weiterhin in das Haus investieren. Da bin ich relativ zuversichtlich und auch die Synergien zwischen Galeria und Waldhof zahlen sich aus.
Die Stadtgesellschaft, die Kommunalpolitik und der SV Waldhof sind auch über die Stadionfrage stark in Kontakt. Beim Neujahrsempfang kündigte OB Specht am vergangenen Montag an, dass die Stadtspitze „in diesem Jahr“ dem Gemeinderat einen Vorschlag in Sachen Neubau oder Sanierung vorlegen will. Ist Ihnen dieser Zeitrahmen konkret genug oder ist man hinter den Kulissen schon weiter?
Beetz: Die alte Verwaltung hat mich fast zehn Jahre an die Wand laufen lassen - von Arbeitskreis zu Arbeitskreis. Ich habe den Eindruck, dass die neue Administration unter Herrn Specht die Sache jetzt echt anpackt und dass wir da gemeinschaftlich eine Lösung finden werden. Es gibt sehr konstruktive Gespräche.
Sie haben gesagt, Ihre Geduld in dieser Frage sei endlich. Gibt es eine rote Linie?
Beetz: Wir können so eben nicht weitermachen. Ich muss da jedes Jahr fünf Millionen reinschieben. Das ist nicht tragfähig. Aber Herr Specht ist jemand, der wie bei Galeria die wirtschaftlichen Dinge versteht. Auch der Waldhof muss eben irgendwann in der Lage sein, sich selbst zu tragen. Und hier ist das Entscheidende, Einnahmen zu kreieren, indem man die Stadionfrage löst. Das ist ganz zentral.
Specht betonte weiter, dass „ein solches Projekt nur durch die Finanzierung privater Investoren möglich sein wird“. Wie könnte ein solcher Weg aussehen? Partner für solch ein Vorhaben werden angesichts der Preisentwicklung bei solchen Bauvorhaben nicht gerade Schlange stehen, oder?
Beetz: Der OB meint damit sicher auch die ganzen bürokratischen Hürden, die sich bei einer öffentlichen Ausschreibung auftürmen. Wenn so etwas privat gemacht wird, geht es wahrscheinlich direkter, schneller und wahrscheinlich auch preiswerter. Und das werden wir versuchen. Ich betrachte das weiter als realistisch.
Sie favorisieren offen einen Neubau. Bietet der einfach mehr Freiheiten für die notwendige Infrastruktur - gerade im Businessbereich?
Beetz: Ein Neubau war immer meine Präferenz, weil man da freier ist, die Dinge umzusetzen, die man benötigt, um Einnahmen zu kreieren. Fußball funktioniert nun mal nicht ohne Geld. Aber generell gilt: Wir brauchen einfach eine Lösung.
Und welchen Stellenwert haben die Faninteressen? Könnte es so etwas wie eine Ideensammlung geben, um nicht am Kern der Waldhof-Fans vorbeizuplanen?
Beetz: Auch das müssen wir - wie die Umgebung und die Anwohner - einbeziehen. Ohne, dass alle mitziehen, würde ich nichts machen. Aber ich glaube, die Leute haben auch verstanden, dass es ohne Business-Seats heute einfach nicht mehr geht und die normalen Fans trotzdem ihre Wurst bekommen. Dazu gibt es ja auch den Club-Fan-Dialog. Diese fast zehnjährige Leidenszeit hat - glaube ich zumindest - auch bei vielen Fans bewirkt, dass sie verstehen, worum es geht. Jetzt kommen die Aachens, die Essens dieser Liga - das ist eine enorme Power. Und wenn wir uns da nicht bewegen, sind wir weg. Das ist ganz simpel.
Schauen wir auf den Sport: Eigentlich sollte mit Rüdiger Rehm etwas Mittelfristiges aufgebaut werden. 2024 wurde dagegen geradeso der Klassenerhalt geschafft. Zweimal aus der Not heraus den Trainer entlassen und es gibt einen neuen Sportchef. Ist alles nur schlecht gelaufen oder gab es auch schlicht Fehler in der Personalauswahl?
Beetz: Das hat uns in unserer geplanten Entwicklung natürlich schon zurückgeworfen. Aber wenn man zehn Spiele nicht gewinnt, ist man eben mit der Brutalität des Ergebnissports konfrontiert. Ich musste reagieren und das habe ich nicht gern gemacht. Mir tat es auch für Marco Antwerpen leid, mit dem wir den Klassenerhalt erreicht haben. Aber es hat dann einfach auf mehreren Ebenen nicht mehr funktioniert. Und natürlich hätte ich vielleicht einige Stellschrauben anders gedreht, wenn wir uns alle damals schon so gut wie heute gekannt hätten.
Mit Trainer Bernhard Trares ist eine Identifikationsfigur zurückgekommen. Welche Hoffnungen setzen Sie in ihn?
Beetz: Zunächst einmal, dass wir eine super Rückrunde spielen.
Ist er auch der Mann für die mittelfristige Entwicklung?
Beetz: Ganz sicher. Ich habe in meinem gesamten Businessleben immer nach Kontinuität gestrebt und deshalb vielleicht auch mal fast zu spät reagiert. Ich bin kein ’Disruptor’ (Management-Schule, bei der alte Geschäftsmodelle bewusst und radikal unterbrochen werden, um Innovation zu ermöglichen, Anm. d. Red). Wenn Dinge funktionieren, möchte ich sie beibehalten, so lange es geht.
Aktuell steht der SVW gerade so über dem Strich. Was macht Sie zuversichtlich, dass sie 2025 etwas früher als am vorletzten Spieltag wieder ruhig schlafen können?
Beetz: Die Mannschaft und wie sie sich zuletzt spielerisch entwickelt hat. Ich sehe die Fortschritte. Auch der Test gegen Hannover hat mir sehr gut gefallen und ich glaube, dass wir das auch in der Rückrunde hinkriegen. Entsprechend sollten 2025 wieder alle vor Mai ruhig schlafen können.
Mit einem Kraftakt hat der SVW im vergangenen Winter den Kader nochmals mit jemandem wie Terrence Boyd verstärkt, der nun länger verletzt ausfällt. Muss der Waldhof wieder nachlegen, um das Schlimmste zu verhindern und ist dafür Luft im Budget?
Beetz: Ich habe immer gemacht, was zu machen ist. Da möchte ich mir keine Beschränkungen auferlegen. Aber das Team hinter dem Team sieht jetzt nicht diese extreme Notwendigkeit, wie wir sie im vergangenen Winter hatten. Wir haben auch großes Vertrauen in unseren Kader. Wäre das anders, würde ich darauf reagieren. Aber ich denke, die Situation ist trotz der Verletzung von Terrence Boyd nicht ganz so angespannt wie im Vorjahr.
Am Freitag geht es hier in Belek gegen den Regionalligisten Rot-Weiß Oberhausen. Wäre ein Spiel wie gegen Hannover der richtige Mutmacher für den Rückrundenstart gegen den FC Ingolstadt?
Beetz: Das wäre prima, aber ich erwarte nicht, dass es so ein gutes Spiel wird wie gegen Hannover. Unsere Mannschaft hat dann sechs Tage Trainingslager in den Beinen, Oberhausen kommt frisch hierher. Wir werden mehr wechseln und dann unterschätzt man einen Regionalligisten vielleicht im Unterbewusstsein, weil man gerade gegen einen Zweitligisten gewonnen hat. Aber vielleicht ist das auch ein Stück weit persönlicher Zweckpessimismus, mit dem ich jetzt besser aufhöre (lacht). Ich lasse mich daher gerne positiv überraschen.
Wenn Sie einen Neujahrswunsch frei hätten - je einen für Galeria und den SVW. Wie würden diese lauten?
Beetz: Für Galeria würde ich mir auf jeden Fall ein positives Jahr mit gutem Wachstum wünschen. Und wenn ich ich es mir aussuchen dürfte, fände ich es schön, wenn wir mit dem SV Waldhof in der Rückrunde vielleicht noch mal ein Stückchen nach oben heranrobben.
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