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Vor 25 Jahren: Als der SV Waldhof im DFB-Pokal gegen den FC Bayern auf die Sensation hoffte
Wir schreiben den 1. Dezember 1999, als das Carl-Benz-Stadion in Mannheim seinen größten Abend erlebt: Der Waldhof spielt im Pokal-Achtelfinale gegen den FC Bayern. Der SVW hält lange gut mit - bis zu einem Platzverweis
29.11.2024
VON:
ALEXANDER MÜLLER
Mannheim.
Die Profis des SV Waldhof betraten mit Trikots den Platz, auf dem für den Kult-Horror-Streifen „Blair Witch Project“ geworben wurde. Es war die Zeit, in der Unternehmer Michael Kölmel mit den Millionen aus seinem Film-Verleih Kinowelt die Mannheimer sponserte, die mit Trainer Uwe Rapolder gerade wieder in die 2. Liga aufgestiegen waren.
Der Auftrag im DFB-Pokal-Achtelfinale gegen den großen FC Bayern am 1. Dezember 1999 war dementsprechend klar: Die hochfavorisierten Münchner ein wenig das Fürchten zu lehren. „Rein in die Hosen und rauf auf den Platz“, forderte Rapolder, der aber die Kräfteverhältnisse im Vorfeld realistisch einschätzte: „Eigentlich haben wir keine Chance. Wir müssen alles geben und noch ein bisschen mehr, um überhaupt mithalten zu können.“
Vor genau 25 Jahren erlebte das Carl-Benz-Stadion (CBS) einen seiner bisher größten Fußball-Abende. 27 000 Zuschauer in der ausverkauften Arena setzten einen stimmigen Rahmen für das live im Fernsehen übertragene Pokal-Match, das aufgrund der geltenden Lärmschutzregeln für die Anwohner eine Stunde früher als vom übertragenden Sender ARD gewünscht bereits um 19.30 Uhr angepfiffen werden musste.
SVW-Trainer Rapolders Standpauke für Rüdiger Rehm
Die Bayern, die ein halbes Jahr zuvor im Champions-League-Finale in Barcelona eine ihrer bittersten Stunde erlebt hatten, als Manchester United dem FCB mit zwei Toren in der Nachspielzeit noch den sicher geglaubten Henkelpott entriss (1:2), nahmen die Aufgabe in Mannheim ernst. Trainer Ottmar Hitzfeld nominierte weitgehend seine A-Elf. Unter anderem liefen Welt-Torhüter Oliver Kahn, Mittelfeld-Organisator Stefan Effenberg und der brasilianische Nationalstürmer Paulo Sergio auf. Der Waldhof wollte mit Spielern wie dem kernigen Stopper Dariusz Pasiecka, Abwehrchef Vilmar Santos, Otto Vincze, Werner Protzel und Sascha Licht das Star-Ensemble ärgern. „Wir haben uns schon eine Chance ausgerechnet“, sagt der damalige Außenverteidiger und spätere SVW-Trainer Rüdiger Rehm. Schließlich hatten die Kurpfälzer in der 2. Runde mit Bayer Leverkusen (3:2 nach Verlängerung) bereits einen Bundesligisten ausgeschaltet.
Auch im Achtelfinale schlug sich die Rapolder-Elf mit einer taktisch disziplinierten Leistung sehr achtbar. „Die Partie war zunächst über weite Strecken ausgeglichen. Die bessere Spielanlage des Meisters glichen die Waldhöfer mit großem Einsatz aus“, analysierte der „Kicker“. Die Bayern gingen zwar durch ein Tor von Jens Jeremies (36.) in Führung, aber Licht und Protzel scheiterten auch mit zwei Großchancen an Nationalkeeper Kahn.
Ein Platzverweis in der zweiten Halbzeit raubte den Mannheimern jedoch ihre kleine Außenseiterchance. Rehm musste in der 69. Minute mit Gelb-Rot das Feld verlassen, in der Schlussphase erhöhten Alexander Zickler (80.) und Hasan Salihamidzic (84.) noch auf 3:0.
Gelb-rote Karten beim SV Waldhof Thema in der Sportschau
„Wegen meiner Gelb-Roten Karte habe ich eine kleine Ansprache von Herrn Rapolder bekommen. Auch in der Berichterstattung der Sportschau war das ein relativ großes Thema. Einige Freunde erinnern mich immer noch sehr gerne daran“, sagt Rehm mit einem Lachen. Er sei damals 21 Jahre alt gewesen und gerade aus der Regionalliga aufgestiegen – und habe gegen den Weltklasse-Stürmer Paulo Sergio als direkten Gegenspieler verteidigen müssen. „Da kann man schon mal einen Zweikampf verlieren“, meint Rehm im Rückblick.
Sergio sei mit allen Wassern gewaschen gewesen, erinnert sich der mittlerweile 46-Jährige. „Sergio hat mich gefragt, wer ich bin und wie es mir geht. In dem Moment, in dem ich antworten wollte, war er schon weggesprintet“, erzählt Rehm. Dennoch sei das Spiel ein „ein tolles Erlebnis, ein Ereignis“ gewesen. „Man spielt in seiner Karriere nicht ganz so oft gegen die Bayern“, sagt der frühere Waldhof-Profi.
Im Lager des SVW herrschten nach dem letztlich erfolglosen Kampf gegen den Rekordmeister „Gemischte Gefühle“, wie der „Mannheimer Morgen“ titelte. Freude darüber, ordentlich dagegen gehalten zu haben. Frust darüber, das kleine Fenster für die große Sensation nicht weiter aufgestoßen zu haben. „Das war ein ziemliches Abenteuer für uns. Sonst sieht man die Bayern ja nur im Fernsehen“, sagte Dariusz Pasiecka. Der Pole in SVW–Diensten wusste im Dezember 1999 natürlich noch nicht, dass es seitdem in einem Vierteljahrhundert kein einziges weiteres Pflichtspiel zwischen dem SV Waldhof und dem FC Bayern mehr geben würde.
https://www.mannheimer-morgen.de/sport/lokalsport_artikel,-lokalsport-mannheim-vor-25-jahren-als-der-sv-waldhof-im-dfb-pokal-gegen-den-fc-bayern-auf-die-sensat-_arid,2265637.html
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Schöne Erinnerung! Stand damals ewig am Alse für Karten an. Die Eventies waren überall.