Frustfressen der Fans und das Schreckgespenst RegionalligaDrittligist SV Waldhof ist auf einen Abstiegsplatz gerutscht. Die Verunsicherung in der Mannschaft ist großEs war gespenstisch, was sich da am späten Freitagabend in einem Fast-Food-Restaurant in Mannheim abspielte. Der 1:3-Tiefschlag des SV Waldhof gegen Borussia Dortmund II war da bereits 90 Minuten vorbei – aber noch lange nicht verdaut. Gleich mehrere SVW-Sympathisanten ließen das Trauerspiel bei Burgern und Pommes ausklingen.
Frustfressen. Kalorienbomben für den blau-schwarzen Seelenfrieden.Sie schauten sich untereinander immer wieder an, redeten aber kein Wort. An was sie dachten? Vielleicht schon an die Vierte Liga? Fakt ist, dass das Schreckgespenst Regionalliga seit Freitagabend realer denn je ist: Platz 17 – nicht mehr knapp über dem Strich, sondern mittendrin statt nur dabei im dunklen Liga-Keller.
" | Zitat von Laurent Jans, Waldhof-Außenverteidiger: |
"Wenn du nach 42 Sekunden mit 0:1 hinten liegst, ist es normal, dass eine gewisse Verunsicherung da ist. Jedem von uns muss bewusst werden, worum es jetzt geht. |
Dortmund war den Blau-Schwarzen in allen Bereichen überlegen. Ohne Zweifel eine Mannschaft, die in dieser Verfassung noch so einigen – auch ambitionierten Drittligisten – in die Suppe spucken wird. Dass es wieder nichts werden würde, deutete sich schon vor dem Spiel an. "Wenn du den Spielern beider Mannschaften in die Augen geschaut hast, wusstest du, was passieren wird", sagte ein Ordner später zur RNZ.
Die BVB-Bubis stiefelten mit Tunnelblick auf den Rasen, wild entschlossen, heiß auf drei Punkte. Und die Buwe? Denen war die Anspannung schon auf dem Parkplatz vor dem Stadion anzusehen. Bloß nicht wieder scheitern, bloß nicht nochmal so vorgeführt werden wie in Regensburg oder Dresden. Verunsicherung nennt man das. Versagensangst, die mittlerweile die komplette Mannschaft befallen zu haben scheint.
Die Frage ist, wie es soweit kommen konnte. Bis vor Regensburg, diesem desaströsen 0:2 im Jahnstadion, war man zwar auch noch weit davon entfernt, starke Leistungen zu zeigen. Aber es waren immer wieder Lichtblicke dabei, gefühlte Steigerungen von Spiel zu Spiel. Trainer Rüdiger Rehm sieht das ähnlich. Er sagt: "Natürlich ist es ein Rückschritt, wenn du einen schlechten Start hattest, dich dann raus arbeitest und jetzt wieder zurückgeworfen wirst." Und weiter: "Aber da musst du durch, wir müssen uns wieder rein kämpfen."
Richtig emotional hörte er sich da am Freitagabend an. Genauso wie rund 30 Minuten zuvor, als er für kurze Zeit vor der Otto-Siffling-Tribüne das Kommando übernahm und die Fans mit einer mitreißenden Rede in seinen Bann zog – die RNZ berichtete.
Rehm ist ein Typ zum Anfassen. Einer, der sich nicht verstellt, der sicher auch junge Fußballer mitreißen kann. Doch auch er muss sich Kritik gefallen lassen. Zum Beispiel die: Obwohl bereits zwölf Spieltage rum sind, wurde noch keine erste Elf gefunden. Natürlich war man durch Verletzungen und Sperren oft zum Umbauen gezwungen. Doch das passierte eben häufig auch ohne Not. Teilweise müssen Spieler auch auf Positionen ran, für die sie gar nicht geholt wurden.
Womit wir beim zweiten Haupt-Verantwortlichen der aktuellen sportlichen Krise wären: Tim Schork. Waldhofs Geschäftsführer Sport ist der Kaderplaner. Macht, tut und organisiert. Bereits im letzten Jahr war klar, dass im Abwehrzentrum große Spieler fehlen. Fußballer, die eine gewisse Lufthoheit mitbringen. Die sollten auch geholt, passiert ist nichts.
Mitunter müssen Spieler wie ein Per Lockl, der nur 1,75 m vom Scheitel bis zur Sohle misst, aber über einen Großteil der Saison einer der wenigen Lichtblicke war, deshalb auf der Ersatzbank schmoren, weil Rehm größere Männer einbauen muss, um die Defizite im Kopfballspiel ausgleichen zu können. Ein durchdachter Kader sieht sicher anders aus.
Oder hat es einfach mit fehlendem Geld zu tun, kann Schork nicht so, wie er gerne würde? Teils teils. Nach RNZ-Infos ist das Budget nicht geringer als in der Vorsaison, aber eben auch nicht höher. Das Problem ist, dass die Konkurrenz aufgeholt hat und teilweise am SVW vorbeigezogen ist. Und da man häufig um die gleichen Spieler buhlt, setzte es im Sommer immer wieder Absagen.
Wie auch immer: Das Ziel sollte es sein, sich irgendwie in die Winterpause zu retten, noch ein paar überlebenswichtige Punkte einzusammeln und dann eine sicher nicht einfache, aber dringend nötige Shoppingtour zu starten. Denn wie heißt es doch so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt – auch am traditionsreichen Alsenweg.
Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung
