Olympia Jurist erstellt Gutachten für den DOSB / Waldhofs Verantwortlicher Marco Pupiuk reagiert mit Unverständnis
„E-Sport ist kein Sport“
28. August 2019 Autor: Jan Kotulla (jako)
Mannheim/Düsseldorf.Marco Pupiuk kann nur den Kopf schütteln. Der E-Sport-Koordinator des SV Waldhof Mannheim hat eine ganz eigene Meinung zu dem Gutachten für den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zum Thema E-Sport. Der Jurist Peter Fischer war zu dem Schluss gekommen, dass E-Sport kein Sport ist. Auf 120 Seiten legt der Düsseldorfer seine Sicht der Dinge dar. Die Begründung: Dem E-Sport würde die Körperlichkeit fehlen. Der Begriff Sport sei „durch die langjährige Rechtssprechung im traditionellen Sinne der Anforderungen an die Körperlichkeit konkretisiert“, heißt es in dem Dokument. Jegliches Spiel an der Konsole falle nicht unter diesen und sei „kein Sport im Sinne des geltenden Rechts“.
„Ich war vor einem Jahr noch als Spieler bei der ersten E-Champions League am Start. Um auf diesem Niveau zu spielen, muss man definitiv täglich trainieren, man achtet auf die Ernährung, hält sich im Kraftraum fit“, widerlegt Pupiuk in wenigen Sätzen die Ansichten Fischers. „Wir hatten damals in Manchester Pulsuhren an, da hat man gesehen, dass wir eine höhere Herzfrequenz hatten. Und nach sieben Stunden Wettbewerb ist man platt, als ob man einen ganzen Tag gearbeitet hätte“, erklärt der 24-Jährige.
Problematische Unterscheidungen
Einen Grund, weshalb viele – vor allem ältere – Menschen seinem Sport skeptisch gegenüberstehen, sieht der Waldhöfer darin, „dass sie mit E-Sport noch nicht in Kontakt gekommen sind. Was die Profis machen, hat mit dem gelegentlichen Daddeln auf der Spielekonsole nichts zu tun“, verdeutlicht er. Doch der Koordinator sieht auch Probleme. „Es wäre wichtig, die Differenzierung zwischen E-Sport-Spielen und Ballerspielen zu schaffen. Das Problem ist, dass die Anforderungen gleich sind.“
Diesen Aspekt beleuchtet Jurist Peter Fischer ebenfalls – und stellt sich gegen den DOSB. Der Dachverband unterscheidet seit dem Herbst vergangenen Jahres beim E-Sport zwischen Sportartensimulationen wie dem Fußballspiel „FIFA“, die sich eng am eigentlichen Sport orientieren und für Vereine und Verbände Potenzial für deren Weiterentwicklung böten, und den von ihm als eGaming bezeichneten sportfernen Spielen wie „Counter Strike“, „League of Legends“ oder virtuelle Kartenspiele. Diese Unterscheidung sei rechtlich nicht belastbar.
Dem Verlangen des E-Sports, als gemeinnützig anerkannt zu werden, um beispielsweise steuerliche Vorteile zu genießen, erteilt das Gutachten damit eine Absage. „Das Gutachten bestätigt insofern unsere konsequente Ablehnung zur Aufnahme von E-Sport in den organisierten Sport“, erklärte die DOSB-Vorstandsvorsitzende Veronika Rücker.
Hans Jagnow, Präsident des eSport-Bunds Deutschland (ESBD), kritisierte zentrale Punkte des Gutachtens. „Viele vom DOSB anerkannte Sportarten wie Sportschießen, Tischfußball oder Darts definieren sich über die Präzision der Bewegung, nicht den Umfang.“ E-Sport unterschiedlich zu behandeln, sei vor dem Hintergrund des Gleichheitsgrundsatzes nicht tragbar.
Auf den Widerspruch zwischen Gutachten und DOSB bei der Differenzierung der E-Sportarten konzentrierte sich Felix Falk, Geschäftsführer des Verbands der deutschen Games-Branche: „Das Auftragsgutachten des DOSB macht klar: Die Einheit des E-Sports ist nicht verhandelbar.“ Der Sportbund müsse jetzt entscheiden, ob er E-Sports in seiner Breite anerkennen will, „oder ob er weiter die Augen vor der Zukunft verschließt“.
Rücker betonte hingegen: „Eine Überprüfung der inhaltlichen, vom DOSB vorgeschlagenen Unterteilung in virtuelle Sportarten und eGaming war nicht Auftrag des Gutachtens.“ Sie kündigte an, in weitere Gespräche mit den DOSB-Mitgliedern und der Politik einzusteigen. Im Gutachten heißt es allerdings, dass sich „die E-Sport-Branche in einer anderen Galaxis bewegt. Die Gegensätze sind – und erscheinen nicht nur – unüberbrückbar.“
© Mannheimer Morgen, Mittwoch, 28.08.2019
Quelle: Mannheimer Morgen