SV Waldhof
Fußball Außenseiter SV Waldhof glaubt im Pokalduell gegen Bundesligist Eintracht Frankfurt an seine kleine Chance
SV Waldhof bastelt am Rezept für die Sensation
10. August 2019 Autor: Alexander Müller (alex)
Außergewöhnliche Spiele erfordern manchmal ungewöhnliche Maßnahmen. Da Waldhof-Trainer Bernhard Trares fürchtet, Späher von Eintracht Frankfurt könnten zu tiefe Einblicke in die taktischen Planungen des Fußball-Drittligisten für das Duell in der ersten Runde des DFB-Pokals am Sonntag (15.30 Uhr) bekommen, lässt der SVW-Coach am Freitag und Samstag ausnahmsweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit üben. „Wir sind nicht die kleinen Jungs vom Waldhof, die noch grün hinter den Ohren sind“, begründete Trares die Entscheidung für das Geheimtraining, in dem unter anderem Standardvarianten getestet werden sollen.
Die Mannheimer fiebern dem vielleicht größten Spiel der jüngeren Vereinsgeschichte entgegen. Das Carl-Benz-Stadion ist mit 24 200 Zuschauern ausverkauft, bei den Fußball-Interessierten der Region gibt es seit dem beeindruckenden 4:0-Sieg des SVW gegen 1860 München am Montag kein anderes Gesprächsthema mehr als die Frage, unter welchen Umständen vielleicht eine Sensation gegen den DFB-Pokalsieger von 2018 gelingen könnte. „Die ganze Bergstraße ist infiziert“, berichtete Trares aus seinem Wohnort Heppenheim. Und Co-Trainer Benjamin Sachs fügte mit einem Augenzwinkern hinzu: „Es fehlt eigentlich nur noch, dass Helene Fischer kommt.“
Statt der Schlagersängerin reist am Wochenende aber der Bundesliga-Siebte der Vorsaison an, der es in der Europa League bis ins Halbfinale schaffte und am Donnerstag in der Qualifikation für die nächste Gruppenphase im Europapokal fast im Vorbeigehen einen 5:0-Auswärtssieg gegen den FC Vaduz in Liechtenstein landete.
An den Kräfteverhältnissen besteht auf dem Papier nicht der leiseste Zweifel, aber kampflos wollen sich die Waldhöfer der Niederlage natürlich auch nicht fügen. „Wir sind ein Drittliga-Aufsteiger, der sich im Profifußball stabilisieren will, die Eintracht hat vor dieser Saison mal eben 40 Millionen Euro investiert und ist ein Club aus dem oberen Drittel der Bundesliga“, sagte Trares zwar zu den riesigen Unterschieden zwischen beiden Clubs vor dem ersten Aufeinandertreffen unter Pflichtspiel-Bedingungen mit den Frankfurtern seit der 0:1-Niederlage des SVW in der Zweitliga-Saison 2001/2002.
Nach diesen nüchternen Feststellungen folgt jedoch das große Aber. „Im Sport ist alles möglich. Wir brauchen unseren allerbesten Tag und natürlich auch ein bisschen Spielglück, dass vielleicht mal ein abgefälschter Ball zum 1:0 reingeht“, umschrieb Trares die Konstellation, die für eine Überraschung notwendig sein dürfte - neben einer gewissen Überheblichkeit bei den individuell zwangsläufig klar besser besetzten Frankfurtern. Der Waldhof-Coach erinnerte in diesem Zusammenhang an das Erstrunden-Aus der Eintracht in der vergangenen Saison, als sich die Hessen als Pokal-Titelverteidiger mit 1:2 bei Regionalligist SSV Ulm blamierten. „Das steckt vielleicht noch etwas in den Köpfen.“
In dieser Partie konnte man in der Tat besichtigen, welche Eigendynamik ein Pokalduell zwischen einem Bundesligisten und einem unterklassigen Verein entwickeln kann. „Man muss den Gegner zum Nachdenken bringen. Jeder auf dem Platz und auf der Tribüne braucht den Glauben an die Sensation und daraus muss sich dann eine Überzeugung entwickeln“, formulierte Mannheims Co-Trainer Sachs das Rezept, wie man als „Underdog“ auch einen vermeintlich übermächtigen Favoriten doch zu Fall bringen kann. Beispiele, in denen das funktioniert hat, kennt die Pokalhistorie zuhauf.
Ob die Sensation am Ende gelingt oder nicht: Mannheim steht ein Fußball-Festtag bevor, wie ihn die Stadt lange nicht mehr erlebt hat - der Waldhof machte vor 16 Jahren zum letzten Mal im DFB-Pokal mit. „Für die Jungs ist es schön, sich mit Gegnern vom Kaliber Ante Rebics messen zu können“, sagte Trares. Es wird ein außergewöhnliches Erlebnis für die Profis des Drittligisten.
© Mannheimer Morgen, Samstag, 10.08.2019
Splitter zum Pokal-Höhepunkt
Der DFB-Pokal-Kracher zwischen dem SV Waldhof und Eintracht Frankfurt (Sonntag, 15.30 Uhr, Carl-Benz-Stadion) steht unter prominenter Leitung: Fifa-Schiedsrichter Felix Brych wird das Duell in Mannheim pfeifen. Das gab der DFB bekannt. Der 44-jährige Jurist aus München wurde 2017 sogar zum Welt-Schiedsrichter des Jahres gewählt und wird regelmäßig in der Champions League und bei großen Fußball-Turnieren wie der WM 2018 eingesetzt.
Für den Einzug in den DFB-Pokal erhält der SV Waldhof pauschal 130 500 Euro plus 45 Prozent der Erlöse aus den Zuschauereinnahmen. Sollten die Mannheimer die Sensation schaffen und die Eintracht aus dem Pokal werfen, locken noch weitaus höhere Summen. Für die zweite Runde garantiert der DFB laut „Kicker“ 351 000 Euro, für das Achtelfinale sogar 702 000 Euro an Prämien für die teilnehmenden Vereine.
Der Bezahlsender Sky überträgt die Partie am Sonntag in voller Länge, Ausschnitte sind ab 18 Uhr in der ARD-Sportschau zu sehen.
Quelle: Mannheimer Morgen