SV WALDHOF
FUSSBALL WALDHOFS SPORTCHEF JOCHEN KIENTZ ÜBER AUFSTIEGSTRÄUME, DIE TRANSFERPLANUNGEN UND MÖGLICHE ABWERBEVERSUCHE VON LEISTUNGSTRÄGERN WIE VALMIR SULEJMANI
Kientz: „Wir haben nur ein kleines Polster“
19. Dezember 2018 Autor: Alexander Müller (alex)
MANNHEIM.Mit fünf Punkten Vorsprung geht Regionalliga-Spitzenreiter SV Waldhof ins neue Jahr. Im telefonischen Interview zieht der Sportliche Leiter Jochen Kientz eine Zwischenbilanz und spricht über die Transferplanungen sowie die anstehenden Vertragsverlängerungen.
Herr Kientz, wie fällt Ihr Zwischenfazit der bisherigen Saison aus? Hat alles so funktioniert, wie Sie sich das vorgestellt haben?
Kientz: Wenn man überlegt, dass wir im Kalenderjahr 2018 nur sieben Spiele verloren haben, muss man schon sehr zufrieden sein. Als Trainer Bernhard Trares und ich im Januar kamen, wussten wir nicht, ob wir die Kurve in der Saison noch einmal bekommen. Dann hatten wir einen großen Umbruch im Sommer. Wir haben den Etat runtergeschraubt, damit der Verein wirtschaftlich irgendwann einmal auf einen grünen Zweig kommt. Trotzdem haben wir eine bessere Mannschaft als in der Vorsaison und tollen Fußball gespielt. Klar hätten wir gern noch den einen oder anderen Punkt mehr, aber die Liga ist eben ein Stück weit unberechenbar.
Worauf wird es im neuen Jahr ankommen, damit der Waldhof Platz 1 behaupten kann?
Kientz: Wir müssen so weitermachen wie bisher. Jeder muss alles aus sich herausholen. Die Jungs können stolz sein auf das, was sie geleistet haben. Aber sie wissen auch, dass wir noch nichts erreicht haben. Wir haben noch 14 schwere Spiele plus das Pokal-Halbfinale vor der Brust und nur ein kleines Polster. Natürlich wäre es gut, wenn vor Gericht auch einmal für und nicht gegen uns entschieden würde . . .
Sie meinen die Zivilklage gegen den vom DFB beschlossenen Drei-Punkte-Abzug, die am 20. Februar vor dem Frankfurter Landgericht verhandelt wird.
Kientz: Ja genau. Das könnte auch noch einmal einiges zu unseren Gunsten verändern. Grundsätzlich sind wir aber guter Dinge und freuen uns auf die Rückrunde. Ich würde am liebsten gleich wieder loslegen. Wir wissen, dass es viel Arbeit wird und wir auch ein bisschen Spielglück brauchen. Es gehört dazu, dass in den richtigen Momenten auch einmal ein Ball reingeht.
Wie wichtig werden die direkten Duelle gegen Steinbach und Saarbrücken im März werden?
Kientz: Die sind natürlich wichtig. Andererseits geht es auch nur um drei Punkte. Wenn wir alle anderen Spiele gewinnen und die beiden verlieren würdest, wären wir wahrscheinlich auch durch. Aber wir rechnen da gar nicht groß, sondern fokussieren uns auf jedes einzelne Spiel.
Müssen die Waldhof-Fans befürchten, dass höherklassige Vereine versuchen werden, im Winter Eckpfeiler wie Timo Kern oder Valmir Sulejmani abzuwerben?
Kientz: Wir haben nicht vor, irgendjemand abzugeben. Unser primäres Ziel ist es, dass wir eine Liga höher kommen. Daran müssen wir alles setzen. Selbst wenn ich für einen Spieler eine kleine Ablöse erzielen würde – ein Nichtaufstieg kostet uns viel mehr.
Wäre denn denkbar, dass der SVW Spieler abgibt, die bisher nur wenig Einsatzzeiten bekommen haben
Kientz: Ich glaube nicht, dass da jemand kommen wird. Wenn, müssten wir das im Einzelfall entscheiden.
Trainer Trares hat davon gesprochen, dass noch eine Verstärkung für die Defensive gesucht wird. Wie sieht da das Profil aus?
Kientz: Wir sondieren immer den gesamten Markt und schauen nicht nur auf die Defensive. Wir wollen uns stetig verbessern, am liebsten mit unseren Spielern. Uns werden viele Spieler angeboten, aber wir haben schon jetzt eine sehr hohe Qualität in unserem Kader. Auch die Jungs, die weniger gespielt haben, haben unser Vertrauen.
Es gibt immer wieder Gerüchte, der frühere Waldhof-Kapitän Marcel Seegert könnte von Sandhausen im Winter an den Alsenweg zurückkehren. Ist das überhaupt realistisch?
Kientz: Marcel Seegert ist mit Sicherheit ein guter Spieler, der für uns schon interessant ist. Er müsste halt irgendwann einmal wissen, was er will. Er muss entscheiden, ob es ihm mehr bringt, in Sandhausen auf die Bank oder Tribüne zu sitzen oder ob er wieder nach Hause will.
Zum Saisonende laufen nicht weniger als zwölf Verträge aus, darunter von Leistungsträgern wie Marco Meyerhöfer, Dorian Diring, Gianluca Korte oder Marco Schuster. Wann werden die Gespräche über mögliche Verlängerungen aufgenommen?
Kientz: Wir haben schon Gespräche geführt. Diese Spieler wissen, dass wir großes Interesse haben, ihre Verträge zu verlängern. Aber es ist so wie in der vergangenen Saison: Sie bekommen Angebote, aber wir müssen auch auf die Gehaltsstruktur schauen.
Wie sehen Sie die Chancen, die Leistungsträger zu halten?
Kientz: Ich glaube, jeder Spieler, der momentan beim Waldhof ist, will auch hier bleiben. Die Jungs haben viel Spaß miteinander, wir haben eine tolle Truppe beisammen. Jeder ist sich auch bewusst, was er am Waldhof hat. Wer das noch nicht weiß und für 500 Euro brutto mehr woanders hingehen will, dann soll er das machen. Das ist der falsche Weg. Es ist toll, wenn man beim Waldhof spielen darf: Wir haben ein geiles Stadion, tolle Fans – das ist schon etwas Besonderes.
Wie sehen Sie die Möglichkeit, Verträge nur für den Fall des Aufstiegs zu verlängern?
Kientz: Nein, die Jungs sollen sich eigentlich schon entscheiden, ob sie den Weg mit uns gehen wollen. Wir haben fünf Punkte Vorsprung bei 14 ausstehenden Spielen. Dann muss man sich schon fragen: Sind wir so stark, dass wir das schaffen? Dieses Risiko für beide Ligen muss dann jeder Spieler mitgehen. Wer jetzt zum Beispiel in Aalen unterschreibt weiß auch nicht, ob er in der nächsten Saison sicher 3. Liga spielt.
Allgemein gefragt: Wäre die aktuelle Stammelf schon stark genug für die 3. Liga?
Kientz: Die 3. Liga ist wirklich noch einmal etwas anderes. Da wird unheimlich körperbetonter Fußball gespielt, teilweise sehr rustikal und noch ein bisschen schneller. Ich glaube, dass sich unsere Spieler dort im Großen und Ganzen relativ schnell akklimatisieren würden, aber wir würden sicher auch in dem einen oder anderen Moment noch Lehrgeld bezahlen, weil wir eine sehr junge Mannschaft haben.
© Mannheimer Morgen, Mittwoch, 19.12.2018
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