Stadt bezahlt neue Videoüberwachung im Carl-Benz-Stadion
05. November 2018 Autor: Steffen Mack (sma)
Im Heimspiel gegen die Kickers Offenbach am 6. Oktober durften die organisierten Fans mit einer einmaligen Sondergenehmigung unter Auflagen zurück auf die Otto-Siffling-Tribüne. Auf unserem Foto scheitert SVW-Stürmer Valmir Sulejmani am Offenbacher Keeper Daniel Endres. Der Waldhof verlor unglücklich 1:3.
© Binder
Auf den beiden Beschlussvorlagen steht das Wort „Ertüchtigung“. Und umgangssprachlich ausgedrückt geht es auch um „tüchtig viel Geld“, das der Gemeinderat nach dem Willen der Stadt ins Carl-Benz-Stadion stecken soll: kurzfristig 560 000 Euro für die Videoüberwachung sowie 1,82 Millionen Euro, um Spielfeld, Flutlicht- und Beschallungsanlagen drittligatauglich zu machen. Sollte es mit dem Aufstieg des SV Waldhof im nächsten Sommer klappen, müssten noch 470 000 Euro zusätzlich in eine Rasenheizung fließen. Alles in allem würde die Stadt als Haupteigentümer des Stadions also fast drei Millionen Euro investieren.
Mit den Beschlussvorlagen erstmals befassen wird sich an diesem Donnerstag ab 16 Uhr der Ausschuss für Sport und Freizeit. Entscheiden sollen am 20. November der Hauptausschuss sowie am 29. November der Ausschuss für Umwelt und Technik. Alle diese Sitzungen im Stadthaus sind öffentlich. Auf Anfrage signalisieren die Fraktionen bereits überwiegend Zustimmung.
Reaktion auf Pyrotechnik
Der Ausbau der Videoüberwachung ist eine Reaktion auf die Vorfälle vom 27. Mai. Damals musste das Aufstiegsspiel gegen Uerdingen kurz vor Schluss abgebrochen werden, weil im Waldhof-Block andauernd Pyrotechnik gezündet wurde. Eine moderne Videoanlage gehört laut DFB zu den Voraussetzungen, unter denen organisierte Fans auf die Otto-Siffling-Tribüne zurückkehren könnten. 560 000 Euro will die Stadt dafür bereitstellen. 7000 kämen vom SVW, so Geschäftsführer Markus Kompp. Dabei handele es sich um den Teil der vom DFB verhängten 25 000-Euro-Geldstrafe, den der Verein in die Infrastruktur stecken dürfe. „Wir sind der Stadt sehr dankbar, wie sehr sie uns hier unterstützt“, betont Kompp.
Verglichen mit neuen Videokameras für Innenstadt (800 000 Euro) und Hauptbahnhof (80 000) wirken die veranschlagten Kosten sehr hoch. Marc Eckart, Leiter des Sicherheits- und Stadionsmanagements beim SVW, verweist zur Begründung indes auf polizeiliche Vorgaben. Um gerichtsverwertbar zu sein, müssten Aufnahmen hohe Qualität haben.
Mit 1,82 Millionen Euro sollen zudem Weichen für die 3. Liga gestellt werden. Vorgesehen ist unter anderem, nächsten Sommer den Rasen auszutauschen, die Entwässerung zu modernisieren, Flutlicht- und Beschallungsanlage auszubauen. Wenn der SVW als Spitzenreiter den Aufstieg schafft, müsste noch für rund 470 000 Euro zusätzlich eine Rasenheizung eingebaut werden.
„Irgendwann muss es klappen“
Andrea Safferling, Sportexpertin der SPD im Gemeinderat, hält die Investitionen für gerechtfertigt. „Irgendwann muss es ja mal mit dem Aufstieg klappen“, sagt sie. Da der kaputte Rasen ohnehin ausgetauscht werden müsse, „macht es Sinn, das alles in einem Aufwasch zu erledigen“. Und der Ausbau der Videoüberwachung sei nun mal notwendig, „um Gewalttouristen, wie es sie in fast jedem Stadion gibt“, identifizieren zu können.
Auch für CDU-Fraktionschef Claudius Kranz hat sich mit dem Uerdingen-Spiel bewiesen, dass die bisherigen Videokameras nicht ausreichten. Die weiteren Investitionen bezeichnet er ebenfalls als „notwendig, wenn man in die 3. Liga aufsteigen und dem SVW in diesem Stadion halten will“. Immerhin „sind wir jetzt schon fast Herbstmeister“.
Die Grünen sind laut Fraktionschef Dirk Grunert gespalten: „Einerseits gönnen wir dem SVW und seinen treuen Fans den Aufstieg.“ Andererseits sei die Finanzierung von Profisport „nicht unsere vordringlichste Aufgabe“. Für andere wichtige Projekte fließe kein bis deutlich weniger Geld. Man werde aber als Fraktion nun eine einheitliche Haltung finden. Ob ein Ja oder ein Nein, will Grunert nicht prognostizieren.
Für die Freien Wähler/Mannheimer Liste erklären Fraktionschef Achim Weizel und Vize Holger Schmid, zur Verhinderung von Gewalttaten sei eine moderne Videoanlage unerlässlich. Dass sich die Untauglichkeit der alten erst gegen Uerdingen erwiesen habe, sei zwar „fragwürdig“. Dennoch stimme man hier - „wenn auch nicht hocherfreut“ - wie bei den Sanierungsmaßnahmen für die 3. Liga zu. Wenn jetzt der Aufstieg gelinge, „werden wir uns mit den Fans sehr freuen“.
Stadtsprecher Jan Krasko nennt unterdessen auf Anfrage weitere Großinvestitionen, die man in den vergangenen Jahren in Sportanlagen getätigt habe. Darunter sind 1,9 Millionen Euro für die Umkleidekabinen des Rhein-Neckar-Stadions, das Sechstligist VfR Mannheim nutzt, 8,5 Millionen für das Hallenbad Neckarau und 8,6 Millionen allein für die Fassade des Herschelbads.
© Mannheimer Morgen, Montag, 05.11.2018
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