SVW: Fünf Fragen zum Pachtvertrag
19. September 2019 Autoren: Florian Karlein (lok), Markus Mertens (mer)
Unter der Haupttribüne des Carl-Benz-Stadions hat der „Club der 100“ Räume.
Unter der Haupttribüne des Carl-Benz-Stadions hat der „Club der 100“ Räume.
© Keiper
MANNHEIM.Mit einer ausführlichen Pressemitteilung hat der SV Waldhof Mannheim auf Veröffentlichungen des „MM“ über einen Pachtvertrag mit dem „Club der 100“ reagiert. Am 3. September berichtete diese Zeitung erstmals darüber, dass die für den Profifußball zuständige Spielbetriebsgesellschaft des Drittligisten die Nutzung von Räumen unterhalb der Haupttribüne schriftlich regeln wollte. Verhandelt wurde über eine Pacht von jährlich 14 000 Euro. Von beiden Seiten unterschrieben wurde der Entwurf jedoch nie. Der Berichterstattung über den Vorgang widerspricht der SVW in weiten Teilen. Das sind die strittigen Fragen.
War ein Pachtvertrag unumgänglich?
Das sagt der SVW: In mehreren Gesprächen, so heißt es in der Pressemitteilung, habe Markus Kompp, Geschäftsführer der Spielbetriebsgesellschaft, deutlich gemacht, dass ein Leistungsaustausch zwischen dem „Club der 100“ und seiner GmbH „aus steuerlichen und juristischen Gründen nicht gegen eine Spende an den Verein möglich ist“. Dennoch habe der Fanclub-Vorsitzende „über Monate hinweg“ die Unterzeichnung verweigert.
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Das sagt der „Club der 100“: Sich auf Vertragsverhandlungen einlassen zu müssen, habe mehrere Mitglieder zum Austritt bewogen. Grund: Durch die Pachtzahlungen, könne die Unterstützung für die Jugendarbeit des Vereins nicht mehr geleistet werden.
Ist die Höhe der Pacht von 14 000 Euro angemessen?
Das sagt der SVW: Ja, weil es sich bei den Räumen um „eine VIP-Lounge ähnliche Räumlichkeit handelt“. Außerdem machten die nutzbaren Räume im Carl-Benz-Stadion nur einen kleinen Teil der gesamten von der Stadt für 41 650 Euro gepachteten Fläche aus.
Das sagt der „Club der 100“: Zum Verweis des SVW auf „VIP-Lounge ähnliche“ Räume sagt Klaus Bittinger: „Wir haben die Räume kahl und leer erhalten. Sämtliche Möbel, die heute in den Räumen stehen, stammen von uns.“
Warum wurde der Vertrag nicht unterzeichnet?
Das sagt der SVW: Nicht wegen Mietmängeln, sondern wegen des „Versuchs einer Täuschung“ durch den Vorsitzenden des „Clubs der 100“. Laut Pressemitteilung habe dessen Zweiter Vorsitzender den SVW-Geschäftsführer Kompp bei einem zufälligen Treffen am Carl-Benz-Stadion aufgefordert, den Vertrag zu unterzeichnen, indem er ihm die letzte Seite des Vertrags vorgehalten habe. „Es war offensichtlich, dass versucht wurde, den Geschäftsführer zur Unterzeichnung eines nicht gegengelesenen Exemplars zu bringen.“ Kompp leistete die Unterschrift nicht, weil – nach eigener Aussage – „die letzte und final besprochene Version des Pachtvertrags verändert wurde“. Inhaltliche Veränderungen seien für die Verweigerung der Unterschrift irrelevant, bewertet sei lediglich das Verhalten und der Umgang worden.
Das sagt der „Club der 100“: Bei einer gemeinsamen Begehung am 17. März 2018 seien auf Bitte von Kompp sämtliche vorhandenen Mängel dokumentiert worden. Einen Tag später gingen sie Kompp per E-Mail zu. Die Beseitigung der Mängel sei für den „Club der 100“ Bedingung zur Unterschrift gewesen. In den Vertragsentwurf seien sie jedoch nie aufgenommen worden. Für Bittinger „ein völlig inakzeptables Verhalten, für das wir bis heute keine sinnvolle Erklärung erhalten haben“. Dass er den SV Waldhof und Kompp versucht habe zu täuschen, widerspricht Bittinger: „Täuschung wäre, wenn ich jemanden einen Vertrag unterschreiben lasse und danach etwas hinzufüge – das aber hatten wir nie vor.“
Wie lief im Frühjahr 2019 das Vermittlungsverfahren?
Das sagt der SVW: Damalige Präsidiumsmitglieder hätten den Vorsitzenden des Fanclubs „von der Richtigkeit des Vorgehens des Geschäftsführers überzeugt“ und ihm eine Fläche am Trainingsgelände am Alsenweg auf dem Waldhof bei den Spielen der U 23 und Jugend angeboten, falls er auf der Abwicklung mittels Spende an den Hauptverein beharren würde. „Erst daraufhin zeigte sich der Vorsitzende des ,Clubs der 100‘ bereit, einen Pachtvertrag zu unterzeichnen.“
Das sagt ein Vermittler: Mehrfach seien klärende Treffen und Gespräche anberaumt gewesen – konkrete Resultate ergeben sich dabei keine, sagt der damalige SVW-Vizepräsident Stefan Höß. „Das Problem lag aufseiten der Geschäftsführung, die ihren Kopf durchsetzen wollte.“
Wie geht es jetzt weiter?
Das sagt der SVW: Nach „sachlicher Beurteilung“ habe der SV Waldhof dem Fanclub die Räume dennoch weiter ohne Vertrag überlassen, da die „für den SV Waldhof Mannheim verdienten Persönlichkeiten nicht Leidtragende des Handelns des oder der Vorsitzenden“ sein sollten. Die 7000 Euro, die der Fanclub trotz nicht unterzeichneten Pachtvertrags nach Abzug einer Minderung wegen Mietmängeln gezahlt hatte, habe der SV Waldhof inzwischen zurücküberwiesen. Außerdem habe die Geschäftsführung erneut Kontakt zu den Vorsitzenden des „Club der 100“ aufgenommen und um Klärung gebeten, jedoch keine Rückmeldung erhalten. Man behalte sich weitere Schritte vor.
Das sagt der „Club der 100“: Der Fanclub behält sich rechtliche Schritte vor. Die 7000 Euro seien noch nicht wieder auf dem Konto eingegangen.
© Mannheimer Morgen, Donnerstag, 19.09.2019
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