Die heiße Phase des Abstiegskampfs beginnt: Fünf Thesen zum SV Waldhof
Zieht der SV Waldhof Mannheim wieder den Kopf aus der Schlinge? Bevor die entscheidende Saisonphase ansteht, kommen hier unsere fünf Thesen zur Lage des SVW im Abstiegskampf
Vor 2 Stunden
Von Alexander Müller
Schon wieder eine nervenzehrende Angstsaison im Abstiegskampf: Der Waldhöfer Julian Rieckmann.
Es war noch Sommer, als Olaf Janßen in einem sehr frühen Stadium der Saison eine Prognose formulierte, die sich bewahrheiten sollte. „Ich kann jedem versprechen, diese 3. Liga wird so eng wie niemals zuvor. Die Leistungsdichte ist abartig. Das wird für alle Mannschaften ein langer, steiniger Weg“, sagte der Trainer von Viktoria Köln nach dem 2:1-Sieg am zweiten Spieltag beim SV Waldhof im Carl-Benz-Stadion. Neben ihm auf dem Podium saß damals übrigens noch Marco Antwerpen als SVW-Coach.
Während Janßen mit dem Verein aus der Domstadt im Spätwinter 2025 sehr überraschend sogar noch eine Außenseiterchance im Aufstiegsrennen besitzt, ist das Feld in der unteren Tabellenhälfte ganz dicht beisammen. Bis zum Zehnten Erzgebirge Aue (nur sechs Punkte Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz) reicht der Kreis der Teams, die sich konkret Sorgen um den Klassenerhalt machen müssen. Die halbe Liga zittert. In einer sehr gefährlichen Situation befindet sich weiterhin der SV Waldhof, dem nach dem 1:1 in Osnabrück zwei Zähler bis ans rettende Ufer fehlen. Die Mannheimer sind Drittletzter, vier Vereine steigen ab.
Unsere fünf Thesen zum SVW, bevor die Saison in ihre heiße Phase einbiegt.
1. Es droht im Abstiegskampf so dramatisch zu werden wie noch nie zuvor in der 3. Liga
Stuttgart II landet plötzlich Heimsiege gegen die Aufstiegskandidaten Dresden und Cottbus, Essen dreht mit vier Siegen aus fünf Spielen (und 13 von 15 möglichen Punkten) auf, Osnabrück ist unter Trainer Marco Antwerpen weiterhin das beste Rückrundenteam: Der SV Waldhof hat in den vergangenen Wochen in einem Crashkurs gelernt, dass im Abstiegskampf der 3. Liga nichts vorhersehbar ist – und die Luft sehr schnell sehr dünn werden kann.
Die Mannheimer trennen als Drittletzter allerdings auch nur vier Punkte vom zwölften Platz – so einen geringen Abstand gab es in der Drittliga-Historie nur einmal, in der Saison 2015/2016. Auf jenem zwölften Rang steht nach dem 0:1 gegen Wehen Wiesbaden übrigens der SV Sandhausen mit Ex-Waldhof-Trainer Kenan Kocak. Auch am Hardtwald geht langsam die Angst um. „Die Lage ist bedrohlich, ab jetzt ist Abstiegskampf“, sagte Präsident Jürgen Machmeier am Sonntag. Es ist alles andere als ausgeschlossen, dass es am Ende einen Verein erwischen könnte, der mit ganz anderen Ambitionen in die Saison gestartet ist.
2. Waldhof-Trainer Bernhard Trares scheint eine belastbare Achse gefunden zu haben, mit der die Mannheimer wieder konkurrenzfähig sind
Das imposante 5:0 vor zehn Tagen gegen Hansa Rostock hat offensichtlich einige Blockaden gelöst. Beim 1:1 in Osnabrück, zuletzt zweifelsohne die Mannschaft der Stunde in der 3. Liga, präsentierte sich der SVW sehr stabil und war mit einer insgesamt starken Auswärtsleistung dem Sieg näher als das beste Rückrundenteam.
Trares hat eine funktionierende Achse gefunden: Mit dem überzeugenden Torhüter Jan-Christoph Bartels, Lukas Klünter als Abwehrchef, einer guten Mischung im Mittelfeld aus Kreativität und Spielkultur (Arianit Ferati, Adrian Fein) sowie Mentalität und Zweikampfstärke (Janne Sietan, Maximilian Thalhammer). Und in der Offensive sorgt das Zusammenspiel von Ferati, Felix Lohkemper und André Becker für lange vermisste Torgefahr.
3. Ferati, Lohkemper, Becker, bald wieder Terrence Boyd. In der einstigen Problemzone Angriff sind die Mannheimer für den Schlussspurt sehr gut aufgestellt
Das Waldhof-Offensivspiel krankte in den Spielen im Dezember und Januar entweder daran, dass so gut wie keine Torchancen herausgespielt wurden. Oder, wenn dies doch einmal gelang, die Möglichkeiten fahrlässig vergeben wurden. Zeitweise hatte der SVW die schlechteste Chancenverwertung aller Drittligisten.
Die Winterverpflichtungen Ferati und Becker sowie die Rückkehr des lange verletzten Lohkemper zu Topform haben die Mannheimer Offensive auf ein völlig anderes Niveau gehoben. Es gibt neuerdings viel mehr Variationsmöglichkeiten, Wucht, Finesse und Unberechenbarkeit im Angriffsspiel.
Wenn in der „Crunchtime“ der Saison auch noch der weiterhin beste Torjäger Terrence Boyd (Reha nach Fußbruch), bei dem der SVW in der Länderspielpause um den 20. März mit einem Comeback auf dem Trainingsplatz rechnet, als weitere hochkarätige Option wieder dazustößt, sollte es an den nötigen Toren für das Projekt Klassenerhalt nicht mangeln.
4. In den Heimspielen entscheidet sich das Schicksal des SV Waldhof
Siebenmal tritt die Trares-Elf in dieser Saison noch im Carl-Benz-Stadion an – sechsmal davon geht es gegen direkte Konkurrenzen aus dem Tabellenkeller. In den Heimspielen muss der SVW die Basis für den Klassenerhalt legen. Und das geht nur mit Siegen.
Beginnend mit dem Duell gegen Alemannia Aachen am Sonntag (13.30 Uhr) empfangen die Mannheimer noch Sandhausen, Dortmund II, Haching, 1860 München und Stuttgart II – allesamt Gegner mindestens auf Augenhöhe, die selbst noch teils gewaltige Sorgen haben. Im Idealfall könnte zudem Dynamo Dresden, am vorletzten Spieltag Gast im Carl-Benz-Stadion, den Aufstieg zu diesem Zeitpunkt schon unter Dach und Fach gebracht haben und vielleicht ein wenig leichter als sonst zu schlagen sein.
Was den Waldhof-Fans in diesem Zusammenhang Hoffnung machen kann: Daheim (19 Punkte aus 12 Spielen) ist der SVW in dieser Saison erneut deutlich stärker als auswärts (acht Punkte aus 13 Spielen).
5. Der SVW braucht dringend wieder mehr Impulse von der Ersatzbank
Die erste Elf hat in den vergangenen beiden Spielen gut funktioniert. Der Leistungsabfall, wenn gewechselt wurde, war aber ebenfalls unübersehbar. Bedenkenlos kann Trares zurzeit im Grunde nur den zweikampfstarken Julian Rieckmann im zentralen Mittelfeld bringen. Rico Benatelli blieb nach seiner Einwechslung in Osnabrück mal wieder fast unsichtbar, Torgefahr und stringent zu Ende gespielte Aktionen muss man bei Nicklas Shipnoski, Samuel Abifade, Kennedy Okpala oder Kelvin Arase weiter mit der Lupe suchen. Diese Qualitätsunterschiede zwischen Stammelf und Bank könnten zu einem echten Problem werden, sollten sich im Finish weitere Stammspieler verletzen.
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