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Warum Bernhard Trares im Sommer 2020 den SV Waldhof verlassen hat
Mit Trainer Bernhard Trares ist der Erfolg zum SV Waldhof Mannheim zurückgekehrt. Aber warum kam es nach einer erfolgreichen Ära im Sommer 2020 überhaupt zum Abschied des Heppenheimers? Eine Rekonstruktion der Ereignisse
Mannheim. Der SV Waldhof und Bernhard Trares - das scheint einfach perfekt zu passen. Seit seiner Rückkehr im September hat der Aufstiegstrainer von 2019 den Mannheimer Drittligisten sportlich wieder in die Spur gebracht. Viele Fans fragen sich: Warum haben sich im Sommer 2020 überhaupt die Wege zwischen dem SVW und Trares getrennt, wo die Verbindung doch schon bei ihrer ersten Auflage überaus erfolgreich und auch von den weichen Faktoren komplett stimmig war? Eine Rekonstruktion der damaligen Entwicklungen und Ereignisse.
Schon in der Stunde des Triumphs tun sich die ersten Risse im Verhältnis zwischen Trares und der Vereinsspitze um Präsident Bernd Beetz, den damaligen Geschäftsführer Markus Kompp und Ex-Sportchef Jochen Kientz auf. Die Aufstiegsparty im Mai 2019 nach dem 1:0 gegen den FSV Mainz II nimmt gerade Fahrt auf, da äußert sich Trares enttäuscht darüber, dass ihm der Verein trotz des steilen sportlichen Aufwärtstrends nur einen Ein-Jahres-Vertrag angeboten hat. „Ich hätte es gerne gehabt, dass wir ein Stück länger zusammenarbeiten und mit meinem Trainerteam hier auch zwei Jahre gemacht. Ich möchte hier etwas aufbauen und weitere Strukturen schaffen“, sagt der Heppenheimer. „Aber wenn der Verein aus finanziellen Gründen sagt: Man weiß nie, was passiert - dann ist das halt so. Das war dem Verein sehr, sehr wichtig. Das war der Wunsch des Clubs. Ich akzeptiere das.“
Mäzen Beetz sieht die Angelegenheit damals pragmatisch. „Wir stehen hier nicht so auf Formalien. Wenn das funktioniert, geht es weiter. Es passt zurzeit wunderbar und hoffentlich noch zehn Jahre“, erklärt der Präsident und fügt vielsagend an: „Fußball ist eben ein Ergebnissport.“ Das nächste Angebot zur Verlängerung um ein Jahr im Juni 2020 lehnt Trares ab - wieder hatte ihm der Verein nur einen Ein-Jahres-Vertrag angeboten.
Corona: Ärger mit Kompp wegen Kurzarbeit
Das Jahr 2020 steht ganz im Zeichen des Ausbruchs der Corona-Pandemie mit seinen Auswirkungen auch auf den Sport. Die Drittliga-Saison wird im März 2020 unterbrochen, der Waldhof steht zu diesem Zeitpunkt auf Aufstiegsplatz zwei. Es kommt zwischen Kompp und Trares zu Unstimmigkeiten darüber, wie mit der Krise umzugehen ist. Der Geschäftsführer reagiert auf die ausbleibenden Zuschauer-Einnahmen mit einem drastischen Schritt und verordnet den Profis sowie dem Trainerteam eine 100-prozentige Kurzarbeit. Einige andere Clubs zahlen zumindest einen Teil der Bezüge weiter. Trares und seine Spieler sind hingegen zum Nichtstun verurteilt. Theoretisch darf der Coach jetzt noch nicht einmal Laufpläne an seine Profis weitergeben.
Der Frust bei Trares ist riesig. „Wenn jeder nur noch daheim rumsitzt, ist die Fitness natürlich dahin, die wir uns hart erarbeitet haben. Es ist einfach wahnsinnig schwierig. Jeder hat große existenzielle Ängste. Der eine oder andere verdient auch nicht so viel“, sagt der 54-Jährige. Kompp setzt sich danach an die Spitze der Befürworter eines Abbruchs der Saison. Als dann im Frühsommer doch weitergespielt wird, verläuft der Wiedereinstieg der Mannheimer in den regulären Trainingsbetrieb holprig - nach der Corona-Pause holt der SVW nur noch elf Punkte aus zehn Partien und verspielt seine Aufstiegschance.
Bei den Personalplanungen tun sich zu jener Zeit wiederum Dissonanzen zwischen dem populären Trainer und Manager Kientz auf. Während Trares gerne mit einem Großteil seiner Aufstiegshelden weiterarbeiten möchte und immer wieder auf die hohe soziale Kompetenz im Team und den Zusammenhalt als Erfolgsfaktor verweist, sieht Kientz die Angelegenheit nüchtern: Im Leistungssport Fußball dürfe es keine Sentimentalitäten geben. Nachdem es schon bei der Frage von möglichen Winterzugängen Unstimmigkeiten gibt, entzündet sich an der Personalie Kevin Conrad ein handfester Disput zwischen den beiden, der kaum noch unter dem Deckel zu halten ist.
Trares will mit seinem Kapitän und verlängerten Arm auf dem Platz verlängern, Kientz ist skeptisch. Als sich Conrad im Februar 2020 öffentlich über die mangelnden Fortschritte bei Vertragsverlängerungen beschwert („Ein Unding. Es wird in der Kabine fast über nichts anderes geredet“) und mangelnde Wertschätzung verdienter Spieler beklagt, wird er von Kientz und Kompp abgemahnt. Letztlich verlassen sowohl Trares als auch Conrad den Verein. Der Kapitän der Aufstiegsmannschaft marschiert danach mit der SV Elversberg aus der Regionalliga bis in die 2. Liga durch.
Trares spricht damals von einem „Prozess“, der ihn zum Abschied bewogen habe. „Letztendlich habe ich gesagt: Weil ich den Verein so liebe und so eine tolle Zeit mit der Mannschaft hatte, glaube ich, dass es besser für den Club ist, einen Neustart mit einem neuen Trainer und neuen Spielern zu machen. Ich wollte nicht in die neue Saison hineingehen und sagen: Damit bin ich jetzt nicht richtig zufrieden“, sagt Trares nach der 2:3-Niederlage in Braunschweig am vorletzten Spieltag der Saison 2019/2020. Und fügt, gefragt nach den Gründen, noch ein wenig kryptisch hinzu: „Da möchte ich gar nicht so in die Tiefe gehen, weil ich damit so viel bei den Fans aufwühlen würde.“ Die Entscheidung sei nun gefallen und er bitte darum, „dass sie so akzeptiert wird. Ich will nicht nachtreten und den Club sauber verlassen. Ich gehe nicht im Groll. Ich hatte hier eine fantastische Zeit.“
Rückkehr gegen Osnabrück nach 1540 Tagen
Die Waldhof-Anhänger tragen nach der Bekanntgabe des Trares-Abschieds Trauer. „Wenn du nach vielen Jahren als Fan so etwas wie Glück empfindest, dass die Menschen auf und neben dem Platz einfach passen, unabhängig vom Erfolg, und ein paar Wochen später gefühlt alle fliehen, dann stimmt was nicht“, schreibt der Fanclub „Doppelpass“ auf Twitter. Nach Trares bis dahin letzten Waldhof-Spiel, einem 0:0 im Juli 2020 gegen den FSV Zwickau, singen die Fans vor dem Carl-Benz-Stadion: „Es gibt nur einen Bernhard Trares.“ Zuschauer sind damals wegen der Pandemie nicht erlaubt.
Erst 1540 Tage später soll der Heppenheimer wieder an der Seitenlinie beim SVW stehen. Trares jubelt am 21. September über einen dramatischen 3:2-Sieg gegen den VfL Osnabrück. Es geht sehr emotional zu. Die Fans feiern ihren Aufstiegstrainer. Es ist wieder zusammengewachsen, was offensichtlich zusammengehört.
Warum das so ist? Als der Ex-Profi 2020 zum „Barackler des Jahres“ gekürt wird, fasst die Laudatio die besonderen Verdienste des Aufstiegstrainers gut zusammen: „Trares’ Arbeit beim Waldhof ließ immer Haltung und Werte erkennen, die ihn zu einem würdigen Repräsentanten des Waldhofs - zu einem ,echten Waldhöfer’ - machen: Bodenhaftung, Aufrichtigkeit, Loyalität und Leidenschaft.“