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MMannheimer Morgen Plus-Artikel+3. Liga
SV Waldhof 1:1 in Rostock: Trainer Antwerpen sieht „Schritt nach vorne“
Bis in die Schlussphase führt der SV Waldhof in Rostock ein bisschen glücklich mit 1:0. Dann schlägt Hansa doch noch zu und verhindert den ersten Mannheimer Saisonsieg
VOR 2 STUNDEN VON ALEXANDER MÜLLER
Rostock. Als vieles schon nach dem ersten Sieg des SV Waldhof in dieser Saison aussah, bekam Hansa Rostock tief in der Mannheimer Hälfte noch einmal einen Freistoß zugesprochen. Der frühere SVW-Profi Marco Schuster brachte den Ball in den Strafraum, wo sich Dominik Roßbach gegen Henning Matriciani durchsetzte und zum späten 1:1-Ausgleich traf (87.). Kurz danach war Schluss, Terrence Boyds Tor (64.) reichte dem SV Waldhof am Samstag nicht zu einem kleinen Befreiungsschlag vor 22.500 Zuschauern im stimmungsvollen Ostseestadion. Die Kurpfälzer bleiben mit zwei Zählern Letzter in der 3. Liga.
Trainer Marco Antwerpen zeigte sich dennoch grundsätzlich zufrieden. „Es ist viel aufgegangen, was wir uns vorgestellt haben. Das war spielerisch ein Schritt nach vorne. Nach dem 1:0 haben wir gut verteidigt, auch wenn es die eine oder andere heikle Situation gab. Dann willst du natürlich schon den Sieg mitnehmen, deshalb fahren wir schon ein wenig enttäuscht nach Hause“, sagte der Waldhof-Coach, der durch das Remis die Debatte um Trainer Antwerpen nach dem verpatzten Saisonstart zumindest vorläufig beendete. „Es gab nie eine Trainerdiskussion. Ich war da immer klar und habe gesagt: Wir machen so weiter“, merkte der Sportliche Leiter Anthony Loviso in Rostock an.
Die eine Stunde vor dem Anpfiff verteilten Zettel mit den Mannschaftsaufstellungen warteten mit einer faustdicken Überraschung auf: Antwerpen entschied sich erneut für einen Torwart-Wechsel. Der eigentlich vor der Saison schon ausgemusterte Jan-Christoph Bartels spielte statt Omer Hanin, der beim 0:1 gegen Saarbrücken gepatzt hatte. Hanin seinerseits war in der Rückrunde der vergangenen Saison für Lucien Hawryluk zwischen die Pfosten gerückt, nachdem dieser ein Gegentor bei Viktoria Köln (2:2) verschuldet hatte. „Das war grundsätzlich eine harte Entscheidung, weil wir Omer nichts vorwerfen können. Wir haben uns dafür entschieden, den Torhüter spielen zu lassen, der sehr sicher mit dem Ball ist, weil wir ihn dann als tiefe Anspielstation nutzen können, um Druck aus dem Spiel zu nehmen“, erklärte Antwerpen seine Rotation.
Außerdem begannen im Vergleich zum Saarbrücken-Spiel Kapitän Marcel Seegert (für den verletzten Niklas Hoffmann), Samuel Abifade (für Nicklas Shipnoski), Terrence Boyd (für Kennedy Okpala), Rico Benatelli (für Maximilian Thalhammer), Julian Rieckmann (für Arlind Rexhepi und Martin Kobylanski (für Kelvin Arase). Sieben personelle Änderungen, ein radikaler Umbau, der die die Wende bringen sollte. Bei Hansa begannen in Schuster, Adrien Lebeau und Alexander Rossipal drei frühere Waldhöfer.
„Not gegen Elend“, hatte die „Ostsee-Zeitung“ das Krisenduell übertitelt – man konnte dieser Zuspitzung nach einem fußballerisch schwachen ersten Durchgang kaum widersprechen. Die Verunsicherung aufgrund des verpatzten Saisonstarts war auf beiden Seiten unübersehbar. Da war verdammt viel Gemurkse dabei. Hansa war das aktivere zweier Teams, die erst einmal darauf bedacht schienen, keine entscheidenden Fehler zu machen. Die beste Chance verzeichnete ebenfalls Rostock, als ein Kopfball von Sigurd Haugen nur knapp am Tor vorbeistrich (29.).
SV Waldhof bleibt in der Offensive blass
Waldhof wirkte nach dem Offenbarungseid im Landespokal bei Siebtligist Gommersdorf (0:1) zumindest halbwegs stabil und geordnet, wusste aber mit eigenem Ballbesitz weiterhin wenig bis nichts anzufangen. Nach einem Konter schloss Boyd selbst ab, statt auf den besser postierten Abifade abzulegen (4.), einen Abschluss des ansonsten blassen Kobylanski aus 16 Metern hielt Hansa-Keeper Benjamin Uphoff erst im Nachfassen (36.). Mehr brachte der SVW offensiv nicht zustande. Das Ziel sei gewesen, über eigenen Ballbesitz erst gar keinen Rostocker Druck möglich zu machen, schilderte Antwerpen später die taktische Herangehensweise. Dies sei weitgehend gelungen.
Die zweite Halbzeit begann mit mutigeren Rostockern, vor allem Lebeau zündete jetzt häufiger den Turbo, wurde aber nach einer knappen Stunde ausgewechselt. Es war deshalb Rossipals 20-Meter-Schuss, der fast die Führung für Hansa gebracht hätte (58.).
Doch dann setzte sich der gerade eingewechselte Shipnoski in einem Laufduell gegen Jonas Dirkner durch, seine Hereingabe verlängerte Boyd mit der Innenseite ins lange Eck (64.). Die Mannheimer lagen mit 1:0 vorne – und die 22.000 Hansa-Fans im Ostseestadion wurden zwischenzeitlich ganz still. Antwerpen feierte den Treffer hingegen überhaupt nicht. Er blieb einfach stoisch auf seinem Platz an der Seitenlinie sitzen.
Das Waldhof-Tor hatte sich wahrlich nicht angekündigt, aber das war den 500 Fans, die die fast 800 Kilometer weite Reise in den Nordosten der Republik mitgemacht hatten, natürlich herzlich egal. Hansa drückte nun ein wenig hilflos und blieb deshalb bis auf Ryan Naderis Kopfball auf die Latte (70.) ohne zwingende Gelegenheiten. Bis zu Schusters Freistoß-Hereingabe in der Nachspielzeit, bei der Seegert allerdings von einem Rostocker in Abseitsposition geblockt wurde. „Kein Vorwurf an den Schiedsrichter, aber das begleitet uns auch weiter durch die Saison“, sagte Antwerpen. Torhüter Bartels war nach seinem starken Startelf-Comeback angefressen, dass der SVW den Vorsprung nicht über die Zeit gebracht hatte. „Wenn du so lange führst, ist es total ärgerlich, nicht den Dreier mit nach Hause zu nehmen. Beim Verteidigen von Standards sind wir eigentlich schon sicherer geworden“, sagte Bartels.
Unruhige Wochen beim SV Waldhof
Auch Sportchef Anthony Loviso war bemüht, nach unruhigen Wochen mit der Derby-Niederlage gegen Saarbrücken (0:1) und dem Pokal-Fiasko beim Siebtligisten Gommersdorf das Positive am Auftritt an der Ostsee herauszustreichen. „Es war ein sehr ordentliches Auswärtsspiel. In diesem Stadion mit dieser Kulisse zu bestehen, ist nicht so einfach. Wir haben das phasenweise gut gemacht. Letztendlich ist der Punkt gerecht“, resümierte Loviso. Das sah Kapitän Seegert ähnlich. „Wenn man beide Halbzeiten sieht, ist das Ergebnis leistungsgerecht. Auch wenn wir den Dreier gerne mitgenommen hätten. Unser Matchplan ist aufgegangen“, meinte „Cello“, bevor er in den Bus zur rund zehnstündigen Heimfahrt nach Mannheim stieg.