11.02.2012 - Der Balkon meiner Tante

Alles rund um den Fußball in Deutschland.

11.02.2012 - Der Balkon meiner Tante

Beitragvon Alex22 » 11.02.2012, 21:20

Der Balkon meiner Tante

Hoffenheim - ein beschauliches Nest irgendwo in der Nähe von Heidelberg und Mannheim, im Kraichgau also. Ich habe noch keine Trauer empfunden, bisher noch nie dort gewesen zu sein. Bis vor ein paar Jahren, wusste ich ja nicht einmal, dass Hoffenheim existiert. Ist ja auch nur ein Stadtteil von Sinsheim. Aber Sinsheim kannte ich auch nicht.

Mannheim kannte ich, da wohnt meine Tante - naja eigentlich in Ludwigshafen. Von ihrem Balkon kann man Konzerte im Südweststadion relativ gut hören. Das habe ich als kleiner Junge gerne gemacht. Neben Michael Jackson, Metallica und Iron Maiden hat dort auch zweimal der 1. FC Köln in einem Pokalfinale gespielt. Einmal hat man gewonnen. Auch Waldhof Mannheim hat lange in diesem Stadion gespielt. Heute ist das Südweststadion in eher maroden Zustand. Der FSV Oggersheim 2007 spielt dort.

Vor ein paar Jahren war Dietmar Hopp, der den Mannheimern immer mal wieder mit Darlehen aushalf, als möglicher Investor im Gespräch. Hopp wollte Bundesligafußball in seiner Heimatregion. Doch das Engagement bei Waldhof scheiterte. Stattdessen entschied sich Hopp für das "Projekt Hoffenheim". Die TSG 1899 ist Hopps Jugendverein und Sinsheim seine Heimatstadt. Für Hopp offenbar Gründe, die plausibel genug waren, um in einen bis dahin völlig irrelevanten Verein bis heute mehr als 200 Mio. Euro zu investieren. Doch waren es wirklich die einzigen, die entscheidenden Gründe?

Dietmar Hopp ist - erfolgreicher - Geschäftsmann. Und er besitzt mehr als genug Geld. Die Annahme, dass ein Mann mit einer hoppschen Vita einzig allein aus romantischen Gründen 200 Mio. Euro ausgibt, erscheint mehr als gewagt. War Hoffenheim am Ende einfach nur einfacher zu kontrollieren und zu dirigieren? Ich weiß es nicht.

Aber Waldhof Mannheim sah sich fortan einem weiteren regionalen Konkurrenten konfrontiert. Einige Zeit später war der geschichtsträchtige Verein wieder von der Insolvenz bedroht und lieferte sich eine mediale Schlammschlacht mit dem einstigen Retter - Dietmar Hopp.

Der einstige SAP-Chef tut viel Gutes, er engagiert sich für soziale Projekte und kümmert sich um seine Heimatregion. Das ist die eine Wahrheit über Hopp. Die andere ist: Er ist Geschäftsmann und er war erfolgreich, weil er entschieden hat. Wenn man Hopp also vor allem als jemand wahrnimmt, der Fußball liebt und der dem durstigen Heimatvolk endlich den langersehnten Bundesligaverein geschenkt hat, sollte man nicht vergessen, dass er im Gegenzug die totale Kontrolle über sein Projekt erhalten hat.

Im Jahr 2012 macht Hopp aus seiner Macht keinen Hehl mehr. Nachdem bereits Ralf Rangnick gekündigt hatte, da Hopp gegen den Willen des durchaus erfolgreichen Trainers einen Spieler verkauft hatte, ist es nun Holger Stanislawski der gehen muss. Ungeachtet dessen, ob die Entscheidung sportlich ihre Berechtigung hat oder nicht, die Art und Weise war bezeichnend.

Hopp zählte den Trainer - der verpflichtet worden war, um das Image zu verbessern - öffentlich an, nahezu gleichzeitig versicherte das Hoffenheimer Management aber, dass Pokalspiel gegen Fürth sei kein Schicksalspiel für den Trainer. Wenige Stunden nach Spielende und der Niederlage, der um nahezu alle wichtigen Spieler beraubten Mannschaft, sickerte Stanislawskis Entlassung durch. Es spricht vieles dafür, dass Hopp die finale Entscheidung darüber getroffen hat.

Und somit spricht genauso viel dafür, dass die TSG 1899 und ihr Investor Dietmar Hopp gegen die 50 1 Regel verstoßen. Es mag offiziell so sein, dass Hopp nur 49% der Stimmrechte hält. Der Realität scheint diese Version allerdings nicht wirklich gerecht zu werden. Und diese Regel hat einen Sinn, auch wenn es manchmal den Anschein macht, als würde Hopp ihn nicht erkennen. Vielmehr noch bekleidet Dietmar Hopp nicht einmal ein Amt in "seinem" Verein, dass ihn zu solchen Handlungen berechtigen würde.

Die 50 1 Regel soll ein Minimum an Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb wahren. Es soll vermieden werden, dass Vereine zum Spielball der Interessen einer Einzelperson oder eines Wirtschaftsunternehmen werden. Zum einen um Wettbewerbsverzerrung zu vermeiden und zum anderen um die Vereine vor Kontrollverlust zu schützen.

Die TSG 1899 ist von jeher abhängig von den Vorstellung ihres Investors: Hopp geht der Aufstieg zu langsam, es wird eingekauft; Hopp wird das Projekt zu teuer, Spieler müssen gehen. Genau diese Abhängigkeit im operativen Geschäft, soll die Regel verhindern. Genau diesen Kontrollverlust.

Der Umgang der DFL mit diesem Umstand erscheint zumindest merkwürdig. Man scheint sich damit zu begnügen, dass offiziell ja alles seine Richtigkeit hat. Vielleicht ist es auch die Furcht vor einer medialen Schlammschlacht mit jemand, der sich in einem solchen Maße sozial engagiert. Und auch der DFB handelt in Sachen Hoffenheim mehr als fragwürdig:

In der Hinrunde wurde bekannt, dass Mitarbeiter der TSG 1899 in mehreren Heimspielen eine Beschallungsanlage eingesetzt haben, um die Schmährufe der gegnerischen Fans zu stören. Diese richten sich meist direkt gegen Dietmar Hopp. Angeblich handelten die Männer ohne Wissen und vor allem ohne Auftrag des Vereins. Das Verfahren in dieser Angelegenheit wurde kürzlich vom DFB-Kontrollausschuss eingestellt. Begründet wurde dies mit dem Umstand, dass ein Gutachten ergeben hat, dass keine gegnerischen Fans in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Eine Frage muss erlaubt sein: Wieso spielt es bei Strafen wegen Fehlverhalten von Fans keine Rolle, ob jemand in Mitleidenschaft gezogen wurde? Zünden die Fans eines Vereins Pyrotechnik, zahlt der Club dafür die Strafe. Ganz egal ob jemand verletzt wurde, oder nicht. Wenn nun aber Mitarbeiter eines Vereins mit irgendwelchen Beschallungsanlagen die Fans des Gegners stören, dann bleibt das ungestraft? Ein merkwürdiges Rechtsverständnis.

Dietmar Hopp wird das nicht kümmern. Er sah die Angelegenheit sowieso eher als Kleinigkeit, die ja auch eigentlich positiv sei, weil die Schmähgesänge gegen ihn ja nicht schön sind. Keine große Sache. Aber wehe jemand sagt etwas unflätiges über Hopps Mutter oder malt ihn symbolisch in ein Fadenkreuz. Gerechtigkeit scheint nur wichtig, wenn sie Dietmar Hopp in den Kram passt.

Wahrscheinlich wird sich nichts wesentliches daran ändern, der Blätterwald wird ein bisschen rascheln, weil der sympathische Stanislawski gefeuert wurde und dann wird es weiter gehen wie bisher. Und vielleicht hat Dietmar Hopp im Sommer ja wieder Lust in die Mannschaft zu investieren. Dann wird die Welt in Hoffenheim bestimmt auch wieder schöner.

Ich fahre dann meine Tante in Ludwigshafen besuchen. Leider werde ich auf dem Balkon nichts mehr hören außer Vogelzwitschern. Das Südweststadion ist momentan offenbar ungeeignet für Open-Air-Konzerte. Schade eigentlich.
Aber wahrscheinlich spielen Metallica dann bald auch an der Dietmar-Hopp-Straße 1 in der Rhein-Neckar-Arena. Schön. Für Dietmar Hopp.

http://www.spox.com/myspox/blogdetail/D ... 55121.html
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Re: 11.02.2012 - Der Balkon meiner Tante

Beitragvon Markus » 11.02.2012, 22:35

Verschoben.
Keine wirkliche News über den SVW.
Ich respektiere generell das Recht eines jeden Menschen auf freie Meinungsäußerung. Ich nehme dieses Recht aber auch für mich in Anspruch.
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Re: 11.02.2012 - Der Balkon meiner Tante

Beitragvon Alex22 » 11.02.2012, 22:45

Finde das nicht Offtopic. Offtopic ist alles, was nichts mit dem SVW zu tun hat? Der SVW kommt ausdrücklich mehrmals vor. Es gibt genug User, die nur die SVW News lesen, denen es dann "entgeht". Aber wenn Du meinst.
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