von Backes » 22.10.2020, 13:13
Szene 6: Bei einem Laufduell mit Sven Sonnenberg (Rostock) geht Dominik Martinovic (Mannheim) im Strafraum zu Fall. Schiedsrichter Sven Waschitzki entscheidet auf Elfmeter und zeigt Sonnenberg Gelb. [TV-Bilder – ab Minute 1:00]
Babak Rafati: Nach einem langen Ball kommt es zu einem Laufduell zwischen Sonnenberg und Martinovic. Dabei überläuft der Mannheimer Angreifer seinen Gegenspieler, sodass der Rostocker Verteidiger keine Chance auf den Ball hat und seinen Gegenspieler kurz und ansatzlos durch Beinstellen aus dem Tritt und zu Fall bringt – dadurch verhindert er eine große Torchance. Das ist ein Foulspiel, allerdings noch vor dem Strafraum. Bei Vergehen, die außerhalb des Strafraumes beginnen und bis in den Strafraum anhalten, gilt als Tatort der Strafraum. Hier hätte es aber einen Freistoß für Mannheim geben müssen, da der Kontakt nur außerhalb stattfindet und dort auch endet. Dass der Stürmer anschließend erst im Strafraum fällt, ist unerheblich. Zudem hätte es die rote Karte gegen Sonnenberg geben müssen. Eine Fehlentscheidung, den Tatort in den Strafraum zu verlegen. Eine Fehlentscheidung auch, es lediglich bei der gelben Karte zu belassen.
Selbst wenn das Vergehen im Strafraum gewesen wäre, findet die Dreifachbestrafung nur dann nicht Relevanz, wenn der Verteidiger im Kampf um den Ball ist und das Vergehen nicht gegen den Gegenspieler gerichtet ist. In diesem Fall ist das Vergehen nicht im Kampf um den Ball und somit nur gegnerorientiert. Der Vorgang ist aber für den Schiedsrichter schwer zu sehen, da er frontal auf die Szene drauf schaut. In solchen Szenen muss der Assistent, der einen optimalen Blick von der Seite hat, höchste Konzentration aufbringen und auf solch ein Vergehen vorbereitet sein, damit er bei der Tatortfestlegung helfen kann und final eine richtige Entscheidung im Schiedsrichtergespann getroffen werden kann.
Szene 7: Nach einem Schubser von Sven Sonnenberg (Rostock) kommt Gillian Jurcher (Mannheim) im Strafraum zu Fall, das Spiel läuft weiter. [TV-Bilder – ab Minute 3:50]
Babak Rafati: Nach einem langen Ball Richtung Strafraumgrenze kommt es zu einem Laufduell zwischen Sonnenberg und Jurcher. Dabei nimmt der Rostocker Verteidiger den Arm zur Hilfe und stößt Jurcher leicht in den Rücken, sodass dieser zu Fall kommt. Die entscheidende Frage, die sich in dieser Szene stellt, ist, ob dieses Vergehen ursächlich für das Fallen ist. Sicherlich eine grenzwertige Angelegenheit. Dadurch, dass der Stürmer keine Ballkontrolle hat – der Ball ist noch in der Luft – und den Ball vielleicht nicht mehr erreicht hätte, wird er womöglich den Kontakt dankend angenommen haben und zu Fall gekommen sein. Auch ist Fußball ein Kontaktsport, sodass diese Armeinsätze immer wieder hüben wie drüben zu sehen sind.
Wiederum muss man die Frage stellen, was der Arm des Verteidigers dort zu suchen hat und ob diese Spielweise nicht einfach taktisch unklug ist. Der Verteidiger hätte sich über einen Strafstoßpfiff nicht wundern dürfen. Am Ende kannst Du als Schiedsrichter in dieser Szene entscheiden, wie du willst – es bleibt immer diskussionswürdig. Es gibt somit Argumente für, aber genauso auch gegen eine Strafstoßentscheidung. Ich persönlich hätte tendenziell weiterspielen lassen.
Mein persönliches Highlight:
SV Waldhof Mannheim - 1. FC Kaiserslautern 4:3, Mittwoch, 15. April 1987, 20:00 Uhr, Südweststadion, 32000 Zuschauer, Ludwigshafen
1:0 Fritz Walter 3. Minute
1:1 Frank Hartmann 29. Minute
2:1 Fritz Walter (Elfmeter) 31. Minute
2:2 Harald Kohr 39. Minute
2:3 Frank Hartmann 61. Minute
3:3 Fritz Walter 83. Minute
4:3 Fritz Walter (Elfmeter) 89. Minute