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Presse 27.11.2022

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Presse 27.11.2022

Beitragvon Pressesprecherin » 21.09.2023, 23:23

Krise bei der Waldhof-Jugend: Die Buwe bangen um ihre Zukunft

Die Lage ist ernst! Der Ausstieg von „Anpfiff ins Leben“ stürzt den Nachwuchsbereich des SV Waldhof Mannheim in eine existenzielle Krise. Wie es weitergeht, ist vor der Mitgliederversammlung am Montag ungewiss

Mannheim. Es gibt ein Fundament, auf das jeder Verein gebaut ist. Seine DNA. Beim SV Waldhof ist das zum einen seine Herkunft als Arbeiterverein aus dem Mannheimer Norden. Als Club der kleinen Leute, in dem Fußball in erster Linie über Kampf, Herzblut und Leidenschaft definiert wird. Der zweite Eckpfeiler der blau-schwarzen Identität ist die herausgehobene Bedeutung der Jugendarbeit. Für diese stehen spätere Nationalspieler wie Jürgen Kohler, Christian Wörns oder Hanno Balitsch, die am Alsenweg das Rüstzeug für ihre Karriere mitbekamen.

Dieses Selbstverständnis reicht bis zum Spitznamen: Die „Buwe“, wie die Waldhöfer landläufig genannt werden, leitet sich vom kurpfälzischen Dialektbegriff für Buben ab. Ein prägnantes Beispiel für die tief verwurzelte Tradition: Im 22-Mann-Kader der Zweitliga-Saison 1981/82 standen rekordverdächtige 14 Waldhof-Eigengewächse. Andere Zeiten.

Nachwuchsleistungszentrum: DFB senkt den Daumen
Über 40 Jahre später bangt der einst bundesweit anerkannte Mannheimer Talentschuppen um seine Existenz. „Die Lage ist sehr ernst“, sagt Vizepräsident Horst Seyfferle dieser Redaktion, nachdem er schon im Fan-Radio „Doppelpass on Air“ einen Notruf abgesetzt hatte: „Im Moment geht es nur darum, dass es überhaupt weitergeht. Ich sage es einmal ganz krass: Rettet die Jugend.“

Das gut gemeinte Vorhaben, am Alsenweg ein professionelles Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) zu installieren, damit die besten Talente nicht mehr nach Hoffenheim, Sandhausen oder Mainz wechseln, droht zu einem Fiasko zu werden. „Wir reden nicht mehr über ein Leistungszentrum. Momentan reden wir nur über ein Jugendförderzentrum“, sagt Seyfferle. Es geht also nicht mehr darum, den Rückstand in der Jugendarbeit auf regionale Konkurrenten wie den KSC oder Hoffenheim zu verringern, sondern ums nackte Überleben der Jugendabteilung. Wie konnte das passieren?

Es ist eine Geschichte hochfliegender Pläne, die mit einem harten Aufprall in der Realität enden. Im März 2020 reicht der SV Waldhof beim DFB die Unterlagen für ein Nachwuchsleistungszentrum ein. „Mit dem NLZ setzen wir einen wichtigen Pfeiler für den langfristigen Erfolg unseres SV Waldhof, zu dem wir uns als Familie verpflichtet haben“, sagt Präsident Bernd Beetz damals. Der Verein geht in Vorleistung, stellt mit Ex-Profi Oscar Corrochano einen Fußballlehrer für den Nachwuchsbereich ein – eine der Bedingungen, um vom DFB die Zulassung für ein NLZ zu bekommen.

Doch auch wegen der Pandemie verzögert sich die Abnahme des Waldhof-Konzepts durch den Verband immer weiter und als der DFB schließlich seine Entscheidung übermittelt, reagieren die Verantwortlichen beim SVW fassungslos. „Wir haben zwei Jahre auf einen Termin gewartet. Dann war es so weit und die setzen sich hin und sagen: Wir wollen kein Hoffenheim 2.0“, erklärt Seyfferle.

Ende 2021 senkt der DFB den Daumen, weil die Mannheimer seit 2008 im Jugendbereich mit „Anpfiff ins Leben“ (AiL) kooperieren, einem Verein, der durch die Dietmar-Hopp-Stiftung finanziert wird. Der SVW muss zuerst die indirekte Verbindung mit dem Hoffenheim-Mäzen über AiL lösen. Die NLZ-Pläne sind damit auf Eis gelegt.

Im Januar 2022 kündigt der SV Waldhof zwölf Mitarbeitern, die für das NLZ angestellt worden waren – darunter Corrochano. Zwei Monate später gibt „Anpfiff ins Leben“ seinen Ausstieg beim Waldhof zum Sommer 2023 bekannt. Damit fangen die Probleme erst an.

Denn der Hopp-Verein erbringt am Alsenweg jedes Jahr Leistungen in einem Gegenwert von – je nach Rechenart – zwischen 300 000 und 450 000 Euro. Die beiden Leiter des Jugendförderzentrums, Simon Landa und Daniel Hecht, bekommen ihr Gehalt von AiL – so wie auch die meisten Jugendtrainer ihre Aufwandsentschädigungen. Die schulische Begleitung der SVW-Talente wird ebenfalls von AiL finanziert.

In Waldhof-Jugend herrscht Mangelverwaltung
Diesen mittleren sechsstelligen Betrag – Seyfferle beziffert ihn auf 300 000 Euro – muss künftig der chronisch klamme Hauptverein des SV Waldhof stemmen. Der e.V. generiert seit der Ausgliederung der Profi-Mannschaft in eine Spielbetriebs-GmbH 2018 seine (überschaubaren) Einnahmen weitgehend selbst. Von der GmbH kommen laut Seyfferle pro Jahr 120 000 bis 130 000 Euro – Lizenzgebühren und ein Prozent der Erlöse aus dem Verkauf von Merchandise – dazu die Mitgliedsbeiträge und Sponsorenzahlungen.

In der Waldhof-Jugend herrscht eine Mangelverwaltung, und ohne die Zuschüsse von „Anpfiff ins Leben“ sieht es ganz schnell düster aus. AiL wird bis zum Ausstieg insgesamt zwischen sechs und sieben Millionen Euro in die Waldhof-Jugend gesteckt haben.

Einen Ausweg aus dem Dilemma skizziert Präsident Beetz, den das NLZ-Projekt zum Zeitpunkt des Scheiterns schon über 400 000 Euro an Gehältern für die dann gekündigten Mitarbeiter gekostet hat. Der 72-Jährige bietet dem e.V. kurz vor Weihnachten 2021 ein Darlehen über 300 000 Euro an, das vorübergehend die finanzielle Lücke schließen soll, die der AiL-Abgang reißt. Die Konditionen: Der mit einem Zinssatz von einem Prozent versehene Kredit muss nur bedient werden, wenn der e.V. zu größeren Einnahmen kommt – etwa durch Beteiligungen an Transfers ehemaliger Jugendspieler wie bei Hakan Calhanoglus Wechsel von Leverkusen zur AC Mailand 2021 (200 000 Euro). Eine Zusage des e.V. muss aber kurzfristig bis zum Jahresende erfolgen. „Das war schon ein bisschen die Pistole auf die Brust gesetzt“, meint ein Alsenweg-Insider.

Der Aufsichtsrat des e.V. lehnt die Offerte ab, weil er die Konsequenzen fürchtet. Wie soll der Hauptverein mit seiner Einnahmenstruktur die Schulden im Fall eines Beetz-Rückzugs als Investor jemals zurückzahlen? Der Weg in die nächste Insolvenz wäre vorgezeichnet. „Die Entscheidung des Aufsichtsrats war einerseits verständlich, andererseits nicht“, sagt Seyfferle. „Wenn ich eine neue Firma aufmache, gehe ich auch zur Bank und hole mir erst einmal einen Kredit. Es funktioniert eben nichts mehr ohne Geld.“

Präsident Beetz reagiert nach Informationen dieser Redaktion pikiert auf das Nein der Vereinsvertreter. Die kurz danach vom Mäzen in einer Hauruck-Aktion veranlassten Entlassungen der Festangestellten sorgen für heftige Erschütterungen in der Jugendabteilung.

Beetz bestellt seinen Stellvertreter Seyfferle zum Krisenmanager. Der Frankenthaler lädt zu Arbeitsgruppen ein, die Ideen für die künftige Finanzierung des Hauptvereins sammeln sollen. Im Hintergrund sucht Seyfferle zahlungskräftige Sponsoren, die sich im e.V. engagieren wollen. Mit dem nahenden Abschied von AiL im Sommer 2023 wird die Zeit langsam knapp.

„Ich habe mit drei potenziellen Sponsoren gesprochen, zwei sind noch im Rennen“, sagt Seyfferle. Nach Informationen dieser Redaktion signalisieren ein Unternehmer und Spielervater aus Heidelberg, der 500 000 Euro über drei Jahre anbietet, sowie der französische Sportartikelhersteller Decathlon Interesse. Dem Vernehmen nach hat Decathlon aber mittlerweile weitere Optionen – angeblich verhandeln die Franzosen mit einem anderen Verein. „Ich muss ehrlicherweise sagen, dass wir für die neue Runde keinen großen Sponsor finden werden“, gesteht Seyfferle.

Seyfferle kündigt Rettungsplan an
Der SV Waldhof steht deshalb mit dem Rücken zur Wand. „Ich habe größte Sorge, dass sie es noch nicht einmal schaffen, den Spielbetrieb aufrechtzuerhalten“, sagt ein Insider dieser Redaktion. Um zumindest auf absoluter Sparflamme die erste Saison ohne AiL meistern zu können, benötigt der e.V. 300 000 Euro. „Wir müssen auf Schmalspur herunterfahren, um dann wieder neu aufzubauen. Das wird ein paar Jahre dauern“, sagt Seyfferle.

Der Vizepräsident räumt ein, dass der e.V. in naher Zukunft fast ausschließlich auf Ehrenamtler setzen muss. Gehälter wie die der Jugendkoordinatoren Hecht und Landa könne der SVW nicht mehr bezahlen. Es gab sogar – mittlerweile wieder verworfene – Gedankenspiele über eine Abmeldung der in der Verbandsliga spielenden zweiten Mannschaft des SVW. Als neuer Chef des Mannheimer Talentschuppens hat sich offenbar der bisherige kommissarische Jugendleiter Matthias Findeisen in Stellung gebracht, Ex-Spieler und Ex-Trainer Reiner Hollich gilt als Kandidat für die sportliche Koordination der SVW-Jugend.

Im Binnenverhältnis zwischen GmbH und e.V. haben sich derweil Risse aufgetan. Die viel beschworene „Waldhof-Familie“ zeigt Symptome von Entfremdung. Der Frust in der Jugendabteilung über die unsichere Zukunft ist riesig. „Wir haben Ende November. Normalerweise stünden jetzt die Gespräche mit den Trainern und die Spielerplanung für die nächste Saison an. Aber wir können überhaupt nichts machen“, sagt der Insider, der Vorwürfe an die SVW-Spitze richtet. Familie Beetz und die Geschäftsführung interessierten primär die Profis und die Weiterentwicklung der GmbH. „Die lassen die klääne Buwe am langen Arm verhungern“, schimpft er. Deftige Aussagen.

Vizepräsident Seyfferle zeigt teils Verständnis für die Unzufriedenheit an der Basis. „Ich weiß, dass wir relativ spät dran sind“, sagt er, betont aber auch: „Ich kann mit niemandem sprechen, bevor die Finanzierung steht.“ Der 59-Jährige sieht die Krise auch als Chance. „Jetzt können wir den Waldhof im Jugendbereich wieder auf eigene Beine stellen“, sagt Seyfferle. Sollte es die befürchtete Rosskur geben, könnte das den Unterbau des SVW aber um Jahre zurückwerfen. Es droht der Abgang kompetenter Jugendtrainer und der besten Talente sowie ein Verlust von Know-how. Statt sich, wie mit dem NLZ geplant, im Jugendbereich professioneller aufzustellen, wäre nur noch ein Notbetrieb möglich.

Mitgliederversammlung bekommt neue Brisanz
Die Mitgliederversammlung am Montag (19.07 Uhr) im Kulturhaus Käfertal bekommt durch die existenzbedrohende Krise bei der Jugend eine neue Brisanz. Zwar stehen keine Präsidiumswahlen auf der Tagesordnung, aber es könnte zum ersten Mal seit Jahren auf einer Waldhof-JHV wieder hitziger zugehen.

Wird Präsident Beetz sein Kreditangebot erneuern? Welche Perspektiven zeigt der Vorstand dem Hauptverein auf? Und was passiert im Fall des avisierten Zweitliga-Aufstiegs, wenn die Deutsche Fußball-Liga dem SVW nur noch eine Karenzzeit von zwei Jahren gewährt, um ein Nachwuchsleistungszentrum umzusetzen? Ein 1-Stern-NLZ, die niedrigste Stufe innerhalb des DFB-Rankings, benötigt nach Expertenschätzungen einen Etat von um die 800 000 Euro jährlich.

Das Präsidium will auf der Mitgliederversammlung ein Finanzierungskonzept für den e.V. vorstellen. „Wir haben eine Idee, die wir am Montag präsentieren wollen und die dann von den Mitgliedern abgesegnet werden muss. Wir werden eine gute Lösung finden“, sagt Seyfferle. Nötig ist ein echter Rettungsplan, damit ein Grundpfeiler des Waldhof-Fundaments nicht in sich zusammenfällt.

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