Aufstieg winkt – Topspieler gehen
Von Wolf Goldschmitt
FUSSBALL Dem sportlichen Aufschwung steht beim SV Waldhof wohl ein verordneter Sparkurs entgegen
MANNHEIM - Der SV Waldhof bleibt zwiegespalten. Der Traditionsverein gewinnt zwar wichtige Spiele – wie unlängst beim Relegationsrivalen Offenbacher Kickers. Auf der anderen Seite zeichnet sich aber ein Ausverkauf an Leistungsträgern ab, obwohl der Klub in die Dritte Fußball-Liga aufsteigen könnte. Mit Kapitän Hassan Amin und seinem Stellvertreter Daniel di Gregorio haben zwei Topspieler bereits angekündigt, den Traditionsverein zum Saisonende zu verlassen. Publikumsliebling Benedikt Koep wird nach zwei Jahren in Mannheim zum TSV Steinbach wechseln.
Die Finanzspritze soll aufgebraucht sein
Jetzt fragen sich viele Blau-Schwarze: Warum werfen die besten Kicker ausgerechnet kurz vor dem großen Ziel die Brocken hin? Die Antwort: Kommunikationsprobleme und Missmanagement. Geschäftsführer Markus Kompp, der bis heute bei den Fans nicht „angekommen“ ist, hatte vor kurzem einen Sparkurs verkündet. Zur Unzeit, sagen Experten. Einer Mannschaft, die zum dritten Mal gute Chancen hat, die Viertklassigkeit hinter sich zu lassen, mit Gehaltskürzungen zu drohen, zeigt wenig psychologisches Geschick. Man munkelt in Vereinskreisen sogar, dass die versprochene Finanzspritze von einer Million Euro des Investors Bernd Beetz verbraucht sei und der Ex-Vorstandschef des Luxusgüterkonzerns Coty nichts mehr nachschießen wolle.
Kompp und sein Sportlicher Leiter Jochen Kientz haben wohl die Anweisung erhalten, finanziell auf die Bremse zu treten. Man sei nicht bereit, alle „um jeden Preis“ in Mannheim zu halten, verlautet aus der Geschäftsstelle. Das Budget für die Profimannschaft soll auch im kommenden Jahr bei etwa 2,5 Millionen Euro liegen. Amin, künftig in Meppen, und di Gregorio, demnächst beim FC Homburg, die ihren Marktwert in den vergangenen Monaten auf 150 000 Euro verdreifacht haben, können übrigens ablösefrei gehen. Ihre mit Ungeschick und Ahnungslosigkeit damals von Vereinsseite unterzeichneten Verträge lassen es zu. „Wir versuchen, die Spieler, die in der Rückrunde gute Leistungen zeigen, an den Verein zu binden“, wird Kientz hingegen von der Rhein-Neckar-Zeitung zitiert. Anders sieht das offensichtlich Daniel di Gregorio. Sein Bruder Baldo veröffentlichte in den sozialen Netzwerken ein Statement des Mannheimer Mittelfeldstrategen. Er schreibt, dass di Gregorio sich gerne langfristig an den SV Waldhof gebunden hätte, es jedoch kein einziges persönliches Gespräch mit ihm gegeben habe. Bei Koep soll es sich genauso verhalten.Der Verein widerspricht. Das Kommunikationschaos ist – wieder einmal – komplett.
Aber die Führung des SV Waldhof pfeift weiter im dunklen Wald. Das Gerüst für die nächste Saison stehe doch, sagt der Kaderplaner. Die Verträge mit Torwart Markus Scholz, den Abwehrrecken Kevin Conrad und Marco Meyerhöfer sowie den Mittelfeldspielern Marco Schuster, Jannik Sommer, Gianluca Korte und Dorian Diring seien schließlich unter Dach und Fach. Die Devise eines kraftlosen Präsidiums und einer unprofessionellen Geschäftsführung lautet wieder einmal: Es könnte ja gutgehen. Dass diese Einstellung für die Dritte Liga reicht, glauben aber nur noch die Berufsoptimisten. Die schwache Leistung gegen den Drittligisten KSC im Pokal am letzten Mittwoch spricht dabei für sich. Auch Mannheims OB Peter Kurz und andere Politiker scheinen die Misere langsam erkannt zu haben. Sie fordern in einem Offenen Brief an die Unternehmen der Region mehr finanzielle Unterstützung für den „Working Class Footballclubs since 1907“. „Wem der Fußball in Mannheim am Herzen liegt, der kann jetzt etwas tun. Der Schlüssel zum Erfolg ist der Zusammenhalt, der den SV Waldhof schon einmal stark gemacht hat“, appellieren sie. Seit dem Ende des Engagements der Mittelstandsvereinigung „Mannheimer Runde“ nach dem Einstieg von Millionär Beetz vor zwei Jahren haben es der SVW und seine Manager nicht geschafft, neue Sponsoren zur Finanzierung des Spielbetriebs zu finden.
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