Wie ein Großteil der arbeitenden Bevölkerung habe ich mir am vergangenen Montag einen Brückentag vor dem Feiertag am 31.10. gegönnt.
Vier Tage am Stück frei, da muss doch hoppingtechnisch was gehen dachte ich mir. Die alte Heimat ist natürlich immer eine Option, aber wie oft ich schon im Bruchwegstadion war kriege ich ehrlich gesagt nicht mehr zusammen, also sollte es ein internationaler Trip werden.
Nach diversen Recherchen fiel mir dann irgendwann die erste schwedische Liga ins Auge. Die "Allsvenskan" spielt im Gegensatz zu uns nach dem Kalenderjahr und somit stand dort am vergangenen Wochenende bereits der vorletzte Spieltag auf der Agenda. Der Spielplangestalter hatte dann auch tatsächlich einen Doubleheader von Djurgarden und AIK Stockholm am Sonntag und Montag gebastelt, ein Traum für den geneigten Groundhopper.
Sonntag Mittag erstmal im Hotel in Stockholm gemütlich unser Spiel bei Schott Mainz im Livestream geschaut und dann ab zu Djurgarden Stockholm in die Tele2Arena. Schicker Bunker muss ich sagen. Das Stadion ist auch nur einen Steinwurf entfernt vom Ericsson Globe der 2016 Austragungsort des ESC-Finales war. Generell ist die ganze Ecke voll mit Arenen und Hallen in diversen Größenordnungen.
Die Partie versprach auch einiges an Spannung. Djurgarden als Tabellendritter wäre mit einem Sieg so gut wie sicher in der Europaleague gewesen und Jönköping noch ganz dick im Abstiegskampf ebenfalls auf jeden Punkt angewiesen. Von Jönköping hatte ich vorher ehrlich gesagt noch nie etwas gehört. Allerdings habe ich tags drauf im ABBA-Museum gelernt, dass Agnetha Fältskog (die blonde) von dort kommt - immerhin
Während das Spiel lief kam ich mir irgendwie vor wie in einer Wiederholung der Partie Schott Mainz gegen Waldhof. Ein Team mit Ambitionen nach oben will unbedingt gewinnen und ein Team im Abstiegskampf erstmal partout nicht verlieren. Djurgarden war dann auch wirklick drückend überlegen, im Gegensatz zum SV Waldhof am Mittag wollte dort die Kugel aber partout nicht in den Weg ins Tor finden. Spaßigerweise wird in Schweden der vorletzte Spieltag nicht parallel ausgetragen, somit konnte der Hertha-Killer Östersund als größter Konkurrent von Djurgarden am Freitag schonmal ein gemütliches 4:1 vorlegen was die Nerven bei Djurgarden mit zunehmender Spielzeit immer blanker liegen ließ. So wäre dann in den letzten zehn Minuten um ein Haar wieder die altbewährte Regel "wer vorne nicht trifft, kriegt hinten eins rein" zum Zug gekommen. In der 80. ; 83. ; und 94.Minute hatte Jonköping jedenfalls drei ganze dicke Kontergelegenheiten liegenlassen. In Minute 83 sogar eine eins gegen eins Situation gegen den hervorragend haltenden Djurgarden-Torwart. Hat mich irgendwie auch an Schott-Waldhof erinnert
Unterm Strich blieb es allerdings bei einem 0:0 der äußerst unterhaltsamen Sorte. Auffällig noch das kunterbunte Vereinswappen von Djurgarden, was mich spontan erstmal an einen Karnevalsorden erinnert hat. Zudem noch erwähnenswert, dass die Schweden ein außerordentlich entspanntes Verhältnis zu Pyrotechnik im Stadion zu haben scheinen. Während der Partie wurde jedenfalls im Djurgardenblock regelmäßig gezündelt und irgendwie hat es so richtig kein Schwein interessiert. Spielunterbrechung? Nöö. - Ansage vom Stadionsprecher? Nöö. - Einfach ganz gediegen weiter gekickt.
Ein weiteres Highlight auch das feurige Temperament meines Sitznachbarn (Djurgardenfan). Als in der Schlußphase ein dicker Konter von Jonköping aufs Tor seiner Truppe zurollte ließ er sich doch tatsächlich mal zu einem "Oioioi" hinreissen. Glaube der Kollege hat ein langes und geruhsames Leben vor sich.
Durch das 0:0 hat sich Djurgarden jetzt übrigens am letzten Spieltag einen Dreikampf um den letzten freien Europaleagueplatz eingebrockt. Oioioi...
Einen Tag später stand dann die deutlich namhaftere Partie auf der Agenda. AIK Stockholm gegen den zweifachen UEFA-Cup-Sieger IFK Göteborg. Der Kick ging in der schicken Friends-Arena über die Bühne, die ansonsten auch ähnlich wie das Wembleystadion in England immer Gastgeber der Heimspiele der schwedischen Nationalmannschaft ist. Beim ersten Länderspiel in der Arena im Jahr 2012 ließ sich Ibra dann auch nicht lange bitten und netzte den Engländern mal eben vier Buden in einem Spiel ein, darunter dieser durchaus gelungene Fallrückzieher aus gemütlichen 40 Metern:
https://www.youtube.com/watch?v=JUDLMrBnZJ0Ähnlich wie bei der Tele2Arena ist die Friends-Arena Bestandteil eines ganzen Komplexes (Mall, Hotel, Arena). Wenn man von der Bahnstation kommt muss man zwangsläufig durch die "Mall of Scandinavia", um zum Stadion zu gelangen. Für mich ein sehr angenehmer Faktor, in diesem riesigen Shoppingbunker habe ich nämlich einfach meine weibliche Begleitung während des Spiels gelassen
Im Stadion waren gut 20tausend Zuschauer und obwohl die Schüssel eine Kapazität von etwas über 50tausend hat, fiel gar nicht auf das so viele Plätze frei waren, weil der Oberrang mit überdimensionierten Vorhängen einfach fast komplett zugehangen wurde. Clever gelöst.
Clever gelöst hatten offensichtlich auch die Fans von IFK Göteborg die Einlasskontrollen, denn was da zu Spielbeginn an Pyro im Gästeblock abging war doch durchaus beeindruckend. Was sich allerdings im Block von AIK Stockholm während der 90 Minuten abspielte spottet in Sachen Pyro allem was ich jemals in einem Fußballstadion gesehen habe. Und wenn ich jemals sage, meine ich jemals. Das war wirklich ein Pyromanenporno erster Kategorie. Wenn da in fünf der neunzig Minuten in dem Block nichts gebrannt haben solllte, ist das schon sehr hoch geschätzt von mir. Doch dasselbe wie am Tag davor bei Djurgarden, es interessiert einfach kein Schwein. Ein Bengalo nach dem anderen, keine Spielunterbrechung, keine Stadiondurchsage, alles ganz normal
Pyrofetischisten, euer heiliger Gral ist in Schweden...
Die Partie selbst hatte nochmal deutlich mehr zu bieten, als tags zuvor. Da war doch durchaus nochmal ein ganz anderer Zug in der Partie, insbesondere weil auch Göteborg gut mitgespielt hat. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich mich im Vorfeld mit den Kadern der beteiligten Teams nicht großartig befasst hatte. Umso überraschter war ich dann, als das 1:0 von AIK Stockholm ein gewisser Chinedu Obasi erzielte. Ja, den Namen hat man doch durchaus schonmal gehört. Der gute Obasi hat auch durchaus noch was drauf, konnte man sich anschauen. Wie gesagt, generell wirklich schickes sportliches Niveau. Das 2:0 von Lindkvist dann auch noch ein Zungeschnalzer der Marke Tor des Monats, als der vorher genannte mal eben einen Diagonalball volley von halblinks aus 16 Metern leicht abgefälscht in die Maschen gesemmelt hat. Sehr geschmeidige Hütte.
Als das ganze Stadion so um die 70. Minute herum dann auch schon richtig in Partystimmung war und da wirklich ordentlich die Post abging (inklusive Capo auf der Gegengerade, fehlt bei uns noch) spielte Göteborg den Spielverderber. Ecke von rechts, Sakor köpft wuchtig ein, zack nur noch 2:1 und noch 20 Minuten zu spielen.
Zum Verständnis der Situation, Sieg AIK - sichere Euroleague, Unentschieden - Vierkampf(!) um die Euroleague am letzten Spieltag.
Die Spannung im Stadion war dann auch mit Händen zu greifen, zumal die Göteborger absolut gewillt waren den Partycrasher zu spielen und bis zur allerletzten Sekunde beherzt nach vorne spielten. Letzlich blieb es dann aber beim 2:1 und AIK Stockholm darf nächste Saison in der Quali zur Euroleague ran und ich muss sagen, wenn die Truppe so weitestgehend zusammenbleibt ist das alles andere als Laufkundschaft.
Was gibt es noch zu sagen? Schweden ist kein Bargeldland. In meinem Block im Stadion gab es zehn Kassen, eine davon hat Bargeld akzeptiert. Generell ist man in Schweden ohne Kreditkarte absolut gef***t. In einem Restaurant in dem wir waren konnte man sogar nur mit Kreditkarte auf die Toilette, no joke.
Stockholm ist generell ein nettes Städtchen, wer auf Blondinen steht, Pyro geil findet und schon immer mal ganz viel Kreditkartenumsatz machen wollte - hin da